Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben in einer gemeinsamen Erklärung Israel zum Ende der Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen aufgefordert und Ankündigungen einer möglichen dauerhaften Militärpräsenz dort scharf kritisiert. "Die israelische Entscheidung, den Zugang von Hilfsgütern nach Gaza zu blockieren, ist untragbar", hieß es in der Erklärung.
Als "inakzeptabel" bezeichneten die Chefdiplomaten zudem Israels Pläne zu einem Verbleib im Gazastreifen nach dem Ende des Krieges sowie die "jüngsten Äußerungen" des israelischen Verteidigungsministers Israel Katz. Dieser hatte die ausbleibende Lieferung von Hilfsgütern als "Druckmittel" gegen die im Gazastreifen herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas bezeichnet.
Sowohl die Pläne zu einem Verbleib im Gazastreifen als auch Katz' Äußerungen seien schädlich für die "Aussicht auf Frieden". Weiter erklärten die Außenminister: "Humanitäre Hilfe darf niemals als politisches Druckmittel eingesetzt werden, und palästinensisches Gebiet darf weder verkleinert noch demografischen Veränderungen unterworfen werden."
Scharfe Kritik äußerten die Außenminister auch an "jüngsten Angriffen" der israelischen Armee auf "humanitäre Helfer, Infrastruktur, Gebäude und Gesundheitseinrichtungen". Israel müsse "viel mehr tun, um die Zivilbevölkerung, die Infrastruktur und humanitäre Helfer zu schützen".
Schlimmste humanitäre Krise
Der Gazastreifen erlebt nach UN-Angaben die wohl schlimmste humanitäre Krise seit Beginn des Krieges vor mehr als eineinhalb Jahren. Israel verhindert die Hilfe für die Zivilbevölkerung durch neue Militärangriffe. Seit mehr als 50 Tagen werden die humanitären Hilfsleistungen blockiert. Des Weiteren gibt es tödliche Angriffe auf Helfer, sowie massive Bewegungseinschränkungen im Küstenstreifen, heißt es in einem neuen Bericht des UN-Nothilfebüros (OCHA) zur Lage im Gazastreifen.
Von 43 internationalen und palästinensischen Hilfsorganisationen hätten fast alle in einer Untersuchung angegeben, dass sie ihre Hilfsleistungen seit Wiederbeginn der israelischen Angriffe am 18. März einstellen oder massiv einschränken mussten. Die Zahl der seitdem erneut vertriebenen Gaza-Einwohner war zuletzt von den UN auf rund eine halbe Million geschätzt worden.
Die Hilfsorganisation Oxfam teilte mit, es gebe "kaum noch sauberes Trinkwasser, da Anlagen bombardiert wurden oder nicht mehr funktionieren, seit die letzten verbleibenden Stromleitungen gekappt wurden, die für den Betrieb der sanitären Anlagen benötigt werden". Notstromaggregate seien wegen erschöpfter Treibstoffvorräte nur selten in Betrieb. "Die Preise für die wenigen verfügbaren Lebensmittel sind in die Höhe geschnellt, viele Menschen sind von extremem Hunger bedroht."
Szenen der Verzweiflung
Clemence Lagouardat, Oxfams Koordinatorin für humanitäre Hilfe in Gaza, sagte: "Es ist schwer vorstellbar, wie schrecklich die Lage im Gazastreifen ist. Unsere Mitarbeiter und Partner erleben täglich Szenen der Verzweiflung. Die Menschen leben in Angst und Schrecken und fürchten um ihr Leben." Die letzte Waffenruhe-Phase endete, nachdem sich Israel und die Terrororganisation Hamas nicht auf die Modalitäten für die nächste Phase hatten einigen können.
Im Gazastreifen werden nach israelischen Angaben noch 24 Geiseln festgehalten sowie die Leichen von 35 Entführten. Israel behauptet, mit den neuen Angriffen den Druck auf die Hamas erhöhen zu wollen, damit diese einer Freilassung weiterer Geiseln zustimmt. Selbst aus Israel melden sich mittlerweile kritische Stimmen gegen das Vorgehen der Regierung.
Quelle: ntv.de, raf/dpa/AFP
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