Gabriel will mehrere SPD-Kanzlerkandidaten

  14 Mai 2016    Gelesen: 591
Gabriel will mehrere SPD-Kanzlerkandidaten
Sigmar Gabriel ist schon lange an der SPD-Spitze - wohl auch, weil er 2013 auf die Kanzlerkandidatur verzichtete. Was passiert bei der Wahl 2017? Der Parteichef will einen offenen Konkurrenzkampf und einen Mitgliederentscheid.
Ein Bundeskanzler Sigmar Gabriel - dafür spricht derzeit fast gar nichts. Zwar hat der SPD-Parteichef ein Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur. Doch die Umfrageergebnisse sind schlecht. Gabriel will nun einen offenen Konkurrenzkampf. "Es wäre hervorragend, wenn es im nächsten Jahr zwei oder drei Leute aus der Führungsspitze der SPD gäbe, die sagen: Ich traue mir das zu", sagte der intern unter Druck geratene Vizekanzler und Wirtschaftsminister dem "Spiegel".

Die Parteiführung will den Kanzlerkandidaten erst im Frühsommer 2017 bestimmen. Bei mehreren Anwärtern werde es vor der nächsten Bundestagswahl einen Mitgliederentscheid geben, sagte Gabriel.

Gabriel gibt sich zahm

Schon einmal hat Gabriel einem anderen den Vortritt gelassen: Im Jahr 2013 ging Peer Steinbrück als SPD-Spitzenkandidat gegen Angela Merkel für die Union in die Wahl. Die allgemeine Deutung damals: Gabriel wolle sich nicht verbrennen im Wahlkampf gegen eine Kanzlerin, die als unschlagbar schien - und 2017 auf einen anderen Konkurrenten aus dem Unionslager treffen können. Steinbrück verlor.

Innerhalb der Partei bestehen nun allerdings erhebliche Zweifel, ob Gabriel ein Rezept hat, die SPD erfolgreich aus dem Umfrage-Tief von rund 20 Prozent zu holen – und in ein Wahlergebnis-Hoch zu heben. Gabriel gestand etwa ein, dass es der SPD in der Flüchtlingskrise nicht gelungen sei, "einen rationaleren Ton in die öffentliche und parteiinterne Debatte zu bekommen". Angesichts der Zustimmungsraten für die SPD sei es für seine Partei aus heutiger Perspektive "schwierig, den Kanzler zu stellen". Um wieder erfolgreich zu sein, müsse die SPD "zeigen, dass sie ohne Wenn und Aber Schutzmacht der normalen Arbeitnehmer ist".

Gabriel sagte, er klebe nicht an seinem Stuhl als Parteichef: "Wer sich selbst für unersetzbar hält oder - was noch schlimmer wäre - sein eigenes Selbstwertgefühl nur aus einem Amt bezieht, ist eigentlich schon deshalb nicht geeignet." Am vergangenen Wochenende hatte "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort in einer Talkrunde gesagt, Gabriel wolle zurücktreten. Dies war von Gabriel und der Partei als Unsinn zurückgewiesen worden.

FDP und AfD als SPD-Problem

Nach der vergangenen Bundestagswahl vertrösteten sich viele Genossen des linken Flügels nach dem erneuten Gang in die Große Koalition als Juniorpartner mit der Aussicht auf ein Rot-Rot-Grün-Regierungsbündnis im Jahr 2017. Doch inzwischen hat sich einiges getan: Die FDP scheint wieder eine Chance auf den Einzug in den Bundestag zu haben, hinzu kommt die erzkonservative AfD, die in Umfragen derzeit häufig die höchste Zustimmung nach Union und SPD bei den Wählern erhält.

Trotzdem traf sich SPD-Chef Sigmar Gabriel mit dem Vorsitzenden der saarländischen Linksfraktion, Oskar Lafontaine. Gabriel spielte dessen Bedeutung herunter und betonte die Distanz zu dem einstigen SPD- und späteren Linksparteichef: Es sei "erstaunlich, welche Fantasien man auslöst, wenn man ein entspanntes Verhältnis zu jemanden hat, mit dem man politisch derzeit nicht allzu viel gemeinsam hat", sagte er. Das Gespräch in einem Völklinger Restaurant soll etwa eine Stunde gedauert haben.

Lafontaine hat in der Linkspartei eine gewichtige Stimme. Mitte April hatte er auf die Frage nach einer Rot-Rot-Grün-Koalition gesagt: "Das hängt von der SPD ab. Sigmar Gabriel hat gerade erklärt, dass die SPD wieder die Schutzmacht der kleinen Leute sein soll (...) Wenn das ernst gemeint wäre, könnte man auch über Rot-Rot-Grün sprechen." Obwohl diese Koalition für eine Kanzlerschaft nicht reichen muss: Gabriel lotet womöglich schon seine Machtoptionen aus, trotz seiner eher ablehnenden Haltung zur Linkspartei in der Vergangenheit.

Quelle: n-tv.de

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