Hongkong: Angst vor Ausschreitungen wegen Peking-Besuch

  17 Mai 2016    Gelesen: 907
Hongkong: Angst vor Ausschreitungen wegen Peking-Besuch
Der drittmächtigste Mann Chinas besucht die Hafenstadt. Ein massives Polizeiaufgebot soll Zhang Dejiang schützen. Ressentiments gegen Peking wachsen.

Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat ein hochrangiger Funktionär aus Peking die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong besucht. Zhang Dejiang ist Vorsitzender des Nationalen Volkskongresses in Peking und Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros der Kommunistischen Partei, dem mächtigsten politischen Gremium in China. Er ist damit der drittmächtigste Mann hinter Präsident Xi Jinping und Premier Li Keqiang.

Seine dreitägige Visite in Hongkong ist der hochrangigste Besuch eines chinesischen Funktionärs seit vier Jahren. Der Besuch ist brisant: Seit den Regenschirm-Protesten, die 2014 mehr Demokratie für die Sonderverwaltungszone einforderten, wächst der Unmut der Hongkonger Bürger über eine wachsende Einmischung der chinesischen Zentralregierung.

Er komme mit einem "mitfühlenden Herzen" nach Hongkong, sagte Zhang, der den Bewohnern "herzliche Grüße und gute Wünsche" von Präsident Xi Jinping ausrichtete. Zhang soll am Mittwoch bei einer Wirtschaftskonferenz auftreten, es ist aber auch ein Treffen mit Vertretern der Demokratiebewegung geplant. Er wolle sich die "Vorschläge und Forderungen" der Hongkonger Bürger zur Verwaltung der Stadt anhören, sagte Zhang am Flughafen.

Pflastersteine auf Boden geklebt

Der Besuch wird von einem massiven Polizeiaufgebot gesichert. Mehr als 6000 Polizisten sollen in der Wirtschaftsmetropole stationiert worden sein. Für Mittwoch sind mehrere Protestkundgebungen geplant - Zhang soll die Demonstranten jedoch nicht zu Gesicht bekommen. Die Straßen rund um das Konferenzzentrum sind mit großen, wassergefüllten Plastikbarrieren abgesperrt. Bereits vor Wochen sollen Hongkonger Pflastersteine am Boden festgeklebt haben, um zu verhindern, dass Demosntranten sie als Wurfgeschoße missbrauchen könnten.

Im Jahr 2014 hatten die Behörden die sogenannten Regenschirm-Proteste, die zeitweise zehntausende Menschen auf die Straße brachten, nach mehreren Monaten aufgelöst. Die Demonstranten forderten freie Wahlen in der ehemaligen britischen Kronkolonie und jetzigen chinesischen Sonderverwaltungszone. Gemäß einer Wahlrechtsreform sollen die Hongkonger Bürger 2017 erstmals ihren Verwaltungschef wählen, doch behielt sich Peking das Recht vor, die Kandidaten auszuwählen. Zhang war damals einer der maßgeblichen Entscheidungsträger.

Gewaltbereite Patrioten auf dem Vormarsch

Seit den Protesten formieren sich viele lokalpatriotische Gruppen, die bereit sind, Gewalt einzusetzen. Sie sehen die Identität der Stadt unter dem wachsenden sozialen und politischen Einfluss aus dem Festland in Gefahr. Im Februar eskalierte die Lage, als die Demonstranten unter anderem mit Pflastersteinen auf Polizisten warfen. Die Beamten hatten die Anordnung, gegen traditionelle Spezialitätenstände vorzugehen. Die Lokalpatrioten sehen diese Märkte aber als Symbol lokaler Traditionen.

Auch die Sorgen über die zunehmende Einschränkung der im Basic Law, der Hongkonger Mini-Verfassung, verankerten Rechte wachsen. Im Gegensatz zur Bevölkerung am Festland stehen den Hongkongern etwa Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit zu.

Quelle: diepresse.com

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