Perry und Austin, 14, verschwunden im Bermudadreieck

  18 Mai 2016    Gelesen: 540
Perry und Austin, 14, verschwunden im Bermudadreieck
Seit neun Monaten werden zwei Teenager aus Florida vermisst. Sie sollen bei einem Angeltrip auf dem Meer Richtung Bahamas in einen Sturm geraten sein. Im März wurde ihr Boot gefunden. Und ein iPhone.
Es ist die letzte Unterhaltung, die Pamela Cohen per SMS mit ihrem Sohn führt. Die Mutter antwortet noch innerhalb der nächsten Minute. Sie fragt, ob er seine Hausaufgaben gemacht habe, und ermahnt ihn, am Abend nach Hause zu kommen. "Ich vermisse dich", schreibt sie am Ende. Der 14-Jährige textet gleich zurück, protestiert: "Aber ich schlafe doch bei ..." Dann bricht der Kontakt ab, mitten im Satz.



Mehr als neun Monate ist das jetzt her. Seitdem hat Pamela Cohen nichts mehr von ihrem Sohn gehört. Der Teenager gilt als vermisst. So wie sein bester Freund Austin Stephanos. Die beiden Nachbarskinder waren am 24. Juli 2015 von Jupiter, 30 Autominuten nördlich von West Palm Beach in Florida, zu einem Bootsausflug aufgebrochen.

Die beiden 14-Jährigen wollten zum Fischen aufs Meer hinausfahren. So wie sie es zuvor schon häufiger getan hatten. Doch bis heute sind die Jungen nicht nach Hause zurückgekehrt.

Wohin die beiden Teenager wollten, ist unklar. Am 18. März dieses Jahres, acht Monate nach ihrem Verschwinden und nach einer der größten Suchaktionen in der Geschichte der US-Küstenwache, entdeckte ein norwegisches Versorgungsschiff das gekenterte Boot per Zufall. Der sechs Meter lange Außenborder trieb östlich der Bermudas und mehrere Hundert Meilen von Jupiter entfernt, von wo die beiden Jungs gestartet waren, im Meer.

Noch nicht einmal das Passwort geknackt

Von den Teenagern fehlte jedoch jede Spur. Die Suchmannschaft fand nur das iPhone 6 von Austin Stephanos. Das Smartphone scheint äußerlich trotz einiger Rostspuren völlig intakt, lag aber die ganze Zeit im Salzwasser. Dennoch erhofften sich die Behörden und die Eltern eine Aufklärung des mysteriösen Falles. Zwei Monate haben Techniker von Apple mittlerweile an dem Gerät gearbeitet – bisher ohne Erfolg. Wie es heißt, sollen sie noch nicht einmal das Passwort geknackt haben.

"Wir sind natürlich enttäuscht", ließ Blu Stephanos über seinen Anwalt Michael Pike nach dem unbefriedigenden Ergebnis der Untersuchung erklären. "Wir hätten uns gewünscht, dass wir über das iPhone herausfinden, was eigentlich passiert ist." Doch aufgeben will Austins Stiefvater nicht. Ein neues Expertenteam aus Hackern soll jetzt an dem Gerät weiterarbeiten. "Für mich ist das kein kaputtes Telefon. Für mich ist das eine letzte Erinnerung an meinen Sohn, die mir geblieben ist." Vielleicht finde man ja doch noch eine Botschaft oder ein Foto von Austin.

Dabei war es Stephanos, der sich zu Beginn vehement gegen eine Untersuchung des iPhones gestemmt hatte. Er wollte das Gerät so behalten, wie es gefunden wurde, und nicht in Einzelteilen zurückbekommen. Die Eltern von Perry Cohen hatten daraufhin vor Gericht auf die Herausgabe geklagt und recht bekommen. "Ich schulde meinem Sohn, dass wir alles versuchen werden, um herauszufinden, was an diesem Tag wirklich passiert ist", begründete Pamela Cohen ihre Klage.

Benzin für 110 Dollar gekauft

Bisher zumindest kann die Küstenwache über den Fall nur spekulieren. Sie geht davon aus, dass die beiden bei ihrem Trip in einen damals gemeldeten Sturm geraten sein müssen und vermutlich im berüchtigten Bermudadreieck ertrunken sind. In dem sagenumworbenen Gebiet sollen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schiffe und Flugzeuge auf mysteriöse Weise verschwunden sein.

Die Eltern wollen aber auch eine Entführung nicht gänzlich ausschließen. Der Verdacht, dass die Teenager gemeinsam von zu Hause weggelaufen sind, gilt dagegen als eher unwahrscheinlich. Dafür soll es nach übereinstimmenden Angaben der Eltern keinen Grund gegeben haben.

Zuletzt lebend gesehen wurden Perry und Austin am 24. Juli um 13.30 Uhr. Eine Überwachungskamera zeigt die beiden, wie sie mit ihrem Boot aus dem Hafen in Jupiter aufs Meer hinausfahren. Zuvor hatten die Teenager für 110 Dollar Benzin gekauft. Zeugen sagten später, dass sie nach Osten Richtung Bahamas unterwegs gewesen sein sollen. Mit dabei hatten sie zwei Schwimmwesten, zwei Kühlboxen und mindestens vier Angeln. Die Eltern sagen später, dass ihre Jungs schon oft zum Fischen rausgefahren sind, ohne ihnen von ihrem Ziel zu erzählen. Ungewöhnlich sei das nicht gewesen.

"Sie sind am Meer aufgewachsen, sind sehr gute Schwimmer und sind leidenschaftlich gerne mit ihrem Boot zum Angeln unterwegs", sagen später die Mütter der beiden Teenager bei der Polizei aus. Auch zu den Bahamas seien sie schon oft allein gefahren. Die Inselgruppe liegt etwa 135 Kilometer von der Küste von West Palm Beach entfernt. "Sie kannten sich aus und waren für einen solchen Trip gut vorbereitet."

Doch an diesem Tag müssen die Teenager, die in diesem Jahr auf die High School gekommen wären, den angekündigten Sturm offenbar unterschätzt haben. Als sie am Abend nicht zurückkamen, riefen die Eltern die Küstenwache. Die startete sofort mit Booten und insgesamt drei Flugzeugen eine groß angelegte Suchaktion.

Größte und teuerste Suchaktion in Florida

Zwei Tage später will ein Hobbypilot, der nicht an der Suche beteiligt war, einen Schiffbrüchigen in dem Gebiet gesehen haben. Die Person, deren Beschreibung auf einen der Jungen passen könnte, habe auf einer Art schwimmender Rettungsinsel gesessen und ihm zugewinkt.

Der Pilot alarmierte daraufhin die Küstenwache und sei zurückgeflogen. Eine Suchmannschaft konnte den angeblich Gekenterten jedoch nicht finden. Auch der Hinweis einer Strandbewohnerin, die die beiden Jungs während des Sturms vor der Küste Jupiters gesehen haben will, führte nicht zu dem gewünschten Erfolg.

"Ich weiß, dass sie da draußen sind", sagte Austins Mutter Carly noch nach Tagen vergeblicher Suche. "Ich bin davon überzeugt, dass sie in Sicherheit sind und dass wir sie einfach nur nach Hause holen müssen."

Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die Küstenwache bereits mehr als 25.000 Seemeilen abgesucht. Die Wahrscheinlichkeit, Perry und Austin auf dem Meer noch lebend zu finden, wurde immer geringer. Nach acht Tagen brachen die Behörden in Florida eine der größten und teuersten Suchaktionen ihrer Geschichte ab.

"Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben"

Doch die Eltern wollten nicht aufgeben. Im Internet riefen sie zu Spenden für eine private Suchaktion auf. Mehr als 500.000 Dollar kamen dabei zusammen. Doch der erhoffte Erfolg blieb aus. Von den Vermissten fehlte weiterhin jede Spur.

Erst acht Monate nach dem Verschwinden von Perry Cohen und Austin Stephanos entdeckte ein norwegischer Frachter das gekenterte Boot nahe der Küste der Bermudas – ein Zufall. Doch die Hoffnung der Eltern, das sichergestellte iPhone würde den Fall jetzt aufklären, scheint sich zumindest vorläufig nicht zu erfüllen.

"Es war ein sehr schwieriges Jahr für mich und meine Familie", sagte Blu Stephanos am vergangenen Donnerstag in einem Fernsehinterview in Florida. "Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Austin eines Tages doch noch nach Hause kommt. Wenn du jemanden so liebst wie ich meinen Sohn, wirst du diese Hoffnung nie aufgeben."

Quelle : welt.de

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