Aus Kriegsgegnern werden Verbündete

  24 Mai 2016    Gelesen: 507
Aus Kriegsgegnern werden Verbündete
Schluss mit dem Waffenembargo, dazu Flugzeuge und Windkraftturbinen: Die USA bauen ihre Allianz mit Vietnam aus. Menschenrechtler sehen das kritisch. China auch.
Auf der letzten Asienreise seiner Amtszeit hat US-Präsident Barack Obama seine Politik der Umwandlung ehemaliger Kriegsgegner in politische Partner oder gar Verbündete fortgesetzt. In Vietnam vereinbarte er umfassende Kooperationsvorhaben und kündigte die Aufhebung des Waffenembargos an. Die Verträge betreffen die Lieferung von Flugzeugen und Windkraftturbinen sowie Klimaschutzprojekte im Mekong-Delta.

41 Jahre nach dem Ende des Vietnamkriegs wächst der Handel zwischen den früheren Gegnern dynamisch, allein im vergangenen Jahr um 24 Prozent auf nun 45 Milliarden Dollar. Über die letzten sieben Jahre hat er sich verdreifacht. Für Vietnam sind die USA der größte Exportmarkt. Die Gastgeber, Präsident Tran Dai Quang, Ministerpräsident Nguyen Xuan Phuc und der Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Nguyen Phu Trong, sagten, sie erhofften sich vom Transpazifischen Freihandelsabkommen TPP einen weiteren Wachstumsschub.

Obama dämpfte Hoffnungen, dass der Kongress das Wirtschaftsabkommen zwischen zwölf Pazifik-Anrainern noch vor der US-Wahl im November verabschieden werde. Donald Trump, Hillary Clinton und Bernie Sanders, die führenden Bewerber um seine Nachfolge in beiden Parteien, haben sich gegen TPP ausgesprochen, weil der Vertrag die Interessen amerikanischer Arbeiter angeblich nicht genügend berücksichtige. "Das wird ein lauter politischer Prozess", sagte Obama über die Ratifizierung, "aber ich bin zuversichtlich, dass wir es hinkriegen."

Vietnam-Annäherung bereits unter Bill Clinton

Sein Besuch in Vietnam hat nicht die gleiche Aura eines historischen Umbruchs wie der Atomdeal mit dem Iran oder die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Kuba – oder wie der erste Besuch eines US-Präsidenten in Hiroshima, dem Ort des ersten Atombombenabwurfs der Geschichte, am Freitag. Die Wiederannäherung an Vietnam hat früher begonnen als die gegenüber dem Iran und Kuba. Und sie ist weiter fortgeschritten.

So ist der Besuch eher Ausdruck des "Rebalancing", wie Obamas Regierung den Ausbau der Präsenz in Asien nennt. Er ist bereits der dritte US-Präsident nach Bill Clinton und George W. Bush, der Vietnam besucht. Die diplomatischen Beziehungen wurden 1995 wieder aufgenommen, 20 Jahre nach Ende des Vietnamkriegs. 2013 schlossen die USA und Vietnam ein weitreichendes Partnerschaftsabkommen. 19.000 Vietnamesen studieren in den USA. Tausende Amerikaner unterrichten im Auftrag von NGOs Englisch in Vietnam. Obamas Besuch ist populär. Menschenmengen säumten die Straßen von Hanoi, durch die seine Delegation fuhr.

Amerikanische Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch kritisierten die Aufhebung des Waffenembargos als übereilt. Obama hätte damit warten sollen, bis die vietnamesische Führung mehrere prominente politische Gefangene entlässt und ein glaubwürdiges Versprechen abgibt, Protestdemonstrationen gegen die KP-Herrschaft nicht mehr niederzuknüppeln. Bei einer gemeinsamen Pressebegegnung mit dem steif neben ihm stehenden Präsidenten Tran Dai Quang sagte Obama, Menschenrechtsfragen seien "ein Thema, bei dem wir Meinungsverschiedenheiten haben".

In engen kooperativen Beziehungen sehen Vietnam und die USA eine Rückversicherung gegen China, aber auch gegen ein unkalkulierbares Nordkorea. Den Besuch begleiten Spekulationen, dass Vietnam der US-Marine schon bald den Tiefseehafen Cam Ranh Bay als Stützpunkt überlassen werde. Obama behauptete, die Aufhebung des Waffenembargos habe mit China nichts zu tun.

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