Die Serie “Peanuts“ macht glücklich

  01 Juni 2016    Gelesen: 1222
Die Serie “Peanuts“ macht glücklich
Wer nicht liest, den wird Tolstoi hassen. Und selbst wer die Präsidentschaftswahl gewinnt, bleibt auf ewig abgeschlagen von gekrönten Monarchen. Mit viel Halbwahrheiten und ungebrochenem Charme schickt Amazon die "Peanuts" als Serie ins Rennen.
Plötzlich ist es passiert. Es mag sich um eine sehr subjektive Wahrnehmung handeln, doch irgendwo zwischen "Ice Age" und "Madagascar" haben sich die Erwartungen an einen Kinderfilm verkehrt. Disneys "Arielle", "Bambi" und "Peter Pan" bestachen im Kern als rührselige Schmonzetten zum Dahinschmelzen, ihre aufwendig animierten Nachfolger boten neben obligatorischer Lehremotion vor allem smart-derbe Schenkelklopfer. Die Kids bekamen Slapstick, die Großen unverfänglich spaßige Popkultur-Referenzen.

Keine Frage, ohne das "Kung Fu Panda"-Franchise oder "Ich - Einfach unverbesserlich" würden sich verregnete Sonntagnachmittage mit Nachwuchs deutlich dröger gestalten. Aber bei aller Liebe: Die Streifen sind auch laut und eilig und häufig in 3D. Hier kommen die "Peanuts" ins Spiel.

Staubig-schön wie Papas Comics

Charlie Brown und seine Freunde wirken im positivsten Sinne heimelig wie ein Bildschirmschoner von Windows 98. Viel los ist nicht. Das Spannendste, was Peppermint Patty so passiert, ist die Spinne an der Decke des Klassenzimmers. Und dann eben noch das Leben in all seiner bedeutungsschwangeren Banalität.

Fast in Vergessenheit geraten, im vergangenen Winter auf Kinoleinwand wiederbelebt, erinnert Amazon nun mit einer "Peanuts"-Serie an den Charme der staubig-schönen Comic-Erzählungen von Charles M. Schulz. Wenn sich glotzen anfühlt, wie in Papas Kindheitsheftchen zu blättern, dann ist so viel nicht falsch gelaufen.

Charlie Brown ist noch immer der gleiche Unsympath von damals. Dem müsste Homer Simpson mal zärtlich um den Hals greifen. Sally belehrt und Lucy drangsaliert. So herrlich hassbare Figuren liefert das Kinderfernsehen selten.

Ein bisschen Mogelei

Am allerschönsten sind vielleicht die angenehm ineffizienten Lebenslektionen der "Peanuts". Präsidentin ist der bessere Job als First Lady, lernt man etwa - Königin jedoch ist die eigentliche Spitzenstellung. Und: "Wenn du nicht lesen kannst, kannst du auch nicht `Krieg und Frieden` von Lew Tolstoi lesen. Und dann wird Lew Tolstoi dich hassen."

Die Welt der "Peanuts" ist ein bisschen bezaubernd. Schnarcher vertreibt man etwa durch flinkes Verschieben der heiklen Sprechblase. Sie darf aber auch hart sein. Zum Beispiel, wenn die wirklich wichtigen Konflikte auch mal mit Fäusten ausgetragen werden.

Die Serie "Peanuts" ist ein Appell für schnoddrige Lösungen, für ein bisschen Mogelei und für ein gesundes Maß an Gleichgültigkeit. Amazon stellt auf einen Schlag 20 Folgen online. Jede dauert nur rund sieben Minuten. Und für kurze Cartoons gilt ziemlich sicher das gleiche wie für kleine Kuchenstücke. Ein bis zwei mehr als nötig - das kann so schlimm schon nicht sein.

"Peanuts - Die neue Serie" ist ab dem 1. Juni abrufbar über Amazon Prime.

Quelle: n-tv.de

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