Die chinesische Chance

  07 Juni 2016    Gelesen: 747
Die chinesische Chance
Wer bestimmt, wohin sich die digitale Industrie entwickelt: deutsche oder kalifornische Unternehmen? Die Antwort liegt in China. Die Chefs von Kuka haben das erkannt.
Das ändert sich gerade. Midea aus der südchinesischen Stadt Foshan geht weltweit auf Einkaufstour. Gerade erwarb es die Haushaltsgeräte-Sparte des angeschlagenen japanischen Traditionskonzerns Toshiba, jetzt will es seinen Anteil an dem deutschen Roboterbauer Kuka von 13,5 auf über 30 Prozent aufstocken. Bis zu 4,5 Milliarden Euro will Midea für Kuka zahlen. Sollten die Aktionäre die Offerte akzeptieren, es wäre die größte Übernahme eines chinesischen Unternehmens in Deutschland.

"Wir müssen in jedem wichtigen Markt vertreten sein", begründet Midea-Chef Paul Fang die geplante Übernahme. Das ist eine simple Strategie, der im Moment viele Firmen aus der Volksrepublik folgen. Vor zwei Jahren hatte die chinesische Regierung sie dazu aufgerufen, auszuschwärmen, um sich über Firmenübernahmen weltweit Marktanteile zu sichern. Seitdem ist unter chinesischen Unternehmern der Kaufrausch ausgebrochen.

Anfang Februar bot ChemChina um den Schweizer Chemie-Riesen Syngenta. Wenige Tage später gab die Holding Beijing Enterprises bekannt, sie werde für über 1,4 Milliarden Euro den Müllverbrennungsspezialisten EEV Energy Waste aus dem norddeutschen Helmstedt übernehmen. Ein chinesisches Unternehmen hat Interesse am Halbleiter-Ausrüster Aixtron aus Herzogenrath. Ein anderes am Wiesbadener Kohlenstoffspezialisten SGL.

China hat Geld, China kauft ein

Jüngsten Zahlen des chinesischen Handelsministeriums zufolge lagen Chinas Auslandsinvestitionen im vergangenen Jahr bei über 140 Milliarden Dollar, rund ein Viertel mehr als im Jahr davor. Es sei eine "neuen Ära des chinesischen Kapitals", sagen die Forscher des unabhängigen Instituts Merics in Berlin. Jede Woche würden neue Investitionsprojekte bekannt. Schon heute gehört die Volksrepublik zu den drei größten Auslandsinvestoren weltweit. Trotzdem soll das erst der Anfang gewesen sein: Chinas Präsident Xi Jinping hat für die kommenden zehn Jahre Auslandsinvestitionen in Höhe von 1,3 Billionen Dollar angekündigt.

Geld ist genug vorhanden. Die chinesische Zentralbank, die unmittelbar der Regierung unterstellt ist, vergibt großzügig Kredite an die Unternehmen. Hinzu kommt, dass der Euro im Vergleich zur chinesischen Landeswährung in den vergangenen zwei Jahren deutlich an Wert verloren hat. Für chinesische Investoren sind europäische Unternehmen im Moment günstig zu haben. Europäische Investoren selbst könnten da kaum mithalten, heißt es in deutschen Wirtschaftskreisen.

Den Chinesen geht es nicht nur um mehr Marktmacht. Hinter den Zukäufen steckt eine Strategie der staatlichen Wirtschaftsplaner. "Industrie 4.0" und "Made in China 2025" heißen die Parolen, die die kommunistische Führung derzeit bei jeder Gelegenheit propagiert. Ihr Ziel: China soll nicht die Werkbank der Welt bleiben. Eine globale Ideenschmiede will man stattdessen werden.

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