Warum die deutschen Autobahnen zur Todesstrecke werden

  07 Juni 2016    Gelesen: 803
Warum die deutschen Autobahnen zur Todesstrecke werden
Seit Jahresbeginn starben allein in NRW fast 40 Menschen auf Autobahnen. Die Polizei schlägt Alarm. Neben hoher Geschwindigkeit und Ablenkung durch Handys gibt es einen weiteren Grund.

Erlaubt sind eigentlich nur 60 Stundenkilometer, wo am Mittwoch vergangener Woche Polizisten an der A44 mit einer Laserpistole auf der Lauer sind. Sie prüfen, ob sich alle Fahrer auch daran halten. Aber Fehlanzeige: Mit sattem Tempo 127 wird ein Fahrer gemessen – mehr als das Doppelte des Erlaubten. Dass er dabei erwischt wird, erstaunt ihn offenkundig. "Ich dachte, sie kontrollieren in Baustellen nicht", soll er gesagt haben.

Der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies trägt diese Anekdote beispielhaft vor. Er will zeigen, dass es auf den Autobahnen ein Problem gibt – auch in den Köpfen. Normalerweise laden Polizeibehörden zum Jahresanfang ein, um ihre Unfallzahlen zu präsentieren – gesammelt aus dem kompletten Vorjahr. Die ersten fünf Monate 2016 sind nun aber so verlaufen, dass Mathies bereits im Juni Alarm schlägt. 18 Tote hat die Kölner Polizei bis Ende Mai auf den Autobahnen rund um die Domstadt gezählt – zwölf mehr als im gleichen Zeitraum 2015.

Mathies nennt die Entwicklung "dramatisch". Hinter ihm sieht man eine riesige Karte, auf denen alle Unfälle verzeichnet sind. Hinter jedem Eintrag steckt eine Tragödie. Rund um Köln wird die Entwicklung damit sehr greifbar. Aber auch für ganz Nordrhein-Westfalen meldet das Innenministerium auf Anfrage besorgniserregende Zahlen. Wurden zwischen Januar und Mai 2015 insgesamt 19 Menschen auf Autobahnen bei Unfällen getötet, starben in diesem Jahr bis Ende Mai bereits 38.

Warum der Anstieg so sprunghaft ist, ist nicht ganz einfach zu erklären. Die Ursachen, die die Kölner Polizei nennt, sind nicht neu: zu hohe Geschwindigkeit, zu wenig Abstand und zu viel Ablenkung – vor allem durch Handys, die nebenher bedient werden.
Die Konsequenz, die die Kölner nun ziehen: mehr Blitzer, mehr Kontrollen. "Wir werden alles daransetzen, diese Entwicklung zu stoppen", sagt Mathies. Er will zusätzliches Überwachungsgerät auch aus anderen Landesteilen zusammenziehen, um damit auf die Jagd nach Rasern zu gehen. Das ist das, was die Polizei machen kann, auch landesweit.
Forscher: Autos werden immer leistungsstärker

Der Forscher André Bresges von der Uni Köln versucht die Entwicklung in einen größeren Rahmen einzuordnen. Er ist davon überzeugt, dass gerade das "Ende der bequemen Zeit" heraufzieht, in der die Sicherheitstechnik im Auto und die gute medizinische Versorgung bei Unfällen immer häufiger das Schlimmste noch verhinderte. "Mit immer sichereren Fahrzeugen, mit immer besserer Erstversorgung können wir eins nicht ausgleichen: dass die Fahrzeuge selbst immer leistungsfähiger werden", sagt er. "Versuchen sie heute mal ein Einsteigerauto zu bekommen mit weniger als 100 PS."

Mehr Leistungskraft bedeutet aber auch, dass bei einem Unfall immense Kräfte freigesetzt werden können. Ein Unfall mit 50 Stundenkilometern entspreche einem Fall aus zehn Meter Höhe, rechnet Bresges vor. Bei Tempo 100 seien es schon 40 Meter.
Eine Lösung aus seiner Sicht: Autos mit intelligenten Sensoren, die beispielsweise aufgrund des Verkehrs erkennen, wann man besser etwas langsamer fahren sollte. Das Problem: Die Fahrer müssten auch bereit sein, auf diese Empfehlungen zu hören.

Quelle: n24.de

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