Flüchtlinge haben nur noch, “was sie am Leib tragen“

  09 Juni 2016    Gelesen: 1044
Flüchtlinge haben nur noch, “was sie am Leib tragen“
Über einer Flüchtlingsunterkunft in Düsseldorf steht eine kilometerhohe Rauchwolke, das Dach brennt "lichterloh". Die Bewohner können gerettet werden, ihre Habseligkeiten aber meist nicht.
Salman lag im Bett und schlief, als das Feuer ausbrach. Der 30 Jahre alte Journalist aus dem Nordirak steht mit einem Rucksack auf einem Parkplatz der Messe Düsseldorf. Keine 100 Meter entfernt brennt eine riesige Lagerhalle, in der mehr als 282 männliche Flüchtlinge untergebracht sind - zum Zeitpunkt des Brandes waren es ca. 150. Dort wohnte auch Salman, bis am Dienstagmorgen plötzlich die Sirenen heulten. In einem Teil der Halle habe er Feuer gesehen, sagt Salman in gebrochenem Deutsch. Dann sei plötzlich überall Rauch gewesen. Salman zeigt auf Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes: "Sie waren sofort da."

Volkmar Schultz-Igast vom DRK berichtet, dass die Retter die Männer teilweise aus dem Schlaf gerissen und aus der brennenden Halle gebracht haben. Das DRK betreut die Flüchtlingsunterkunft und versucht, die Männer zu beruhigen. Auf dem Parkplatz hinter rot-weißem Flatterband stehen die Flüchtlinge aus Afghanistan, dem Irak, Syrien und Nigeria in Gruppen. Manche haben vor der heißen Sonne Schutz unter Bäumen gesucht.

Nur einige Rucksäcke und kleine Reisetaschen stehen im Gras. Die Wenigsten hatten wohl Zeit, ihre Habseligkeiten zu retten. "Die meisten haben nur noch das, was sie am Leibe haben", sagt Jürgen Riegener vom städtischen Sozialamt. Die DRK-Mitarbeiterin sagt, auch Pässe seien verbrannt. "Aber sie sind alle registriert."

Feuerwehr: "Das ganze Dach brannte lichterloh."

Eine kilometerhohe Rauchwolke steht über der wohl mehr als 100 Meter langen und 5000 Quadratmeter großen Lagerhalle. Flugzeuge im Landeanflug auf den nahe gelegenen Düsseldorfer Airport fliegen beunruhigend tief über den Brandort. Feuerwehrleute richten von außen Wasserrohre von mehreren Seiten auf die verbogene und verkohlte Metallverkleidung. Im Inneren könne nicht gelöscht werden, sagt ein Feuerwehrmann. Als die Einsatzkräfte eintrafen, habe die Halle schon "in voller Ausdehnung gebrannt", sagt Feuerwehrsprecher Tobias Schülgen. "Auch das ganze Dach brannte lichterloh."

Der Rauch breitet sich in Bodennähe immer weiter aus. Der Rauchschleier und ein beißender Geruch ziehen zum benachbarten Freibad, zu den Flüchtlingen und zu den internationalen Gästen der derzeit laufenden weltgrößten Druckmesse drupa. Auf der einen Seite des mit Gittern abgesperrten Parkplatzes stehen die geretteten Flüchtlinge, auf der anderen wandern Messebesucher zu den wartenden Bussen.

Am Abend teilt die Polizei mit, es seien keine Hinweise auf eine Brandlegung von außen oder auf auf fremdenfeindliche Straftaten vorhanden. Es gebe aber sechs tatverdächtige Zuwanderer, die sich in der zerstörten ehemaligen Messehalle aufgehalten hätten. Sie seien zur Vernehmung ins Polizeipräsidium gebracht worden.

Schon kurz nach Beginn der Löscharbeiten kommt die offizielle Nachricht, dass alle Männer aus der Unterkunft gerettet seien. 30 von ihnen erlitten jedoch Rauchvergiftungen. Bis zum Abend sollte für alle Flüchtlinge eine neue Bleibe gefunden sein.

Zum Zeitpunkt des Brandes waren nach Angaben der Stadt ungefähr 130 und nach Schätzungen der Feuerwehr bis zu 150 Menschen in der Halle. Es ist Ramadan. Viele hätten wohl geschlafen, heißt es. Salman wartet nun darauf, wie es mit ihm weitergeht. Seinen Pass hat er gerettet.

Quelle : welt.de

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