Österreich: Rechte Aktivisten inszenieren Steinigung im Hörsaal

  11 Juni 2016    Gelesen: 674
Österreich: Rechte Aktivisten inszenieren Steinigung im Hörsaal
In Österreich sorgt eine Aktion rechter Aktivisten für Empörung. Sie stürmten eine Vorlesung an der Universität Klagenfurt und spielten eine Steinigung nach - mit Requisiten aus Styropor.
Zehn bis zwölf Männer der rechten Szene haben an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt eine Vorlesung gestört und als Bühne missbraucht. "Einige trugen Burkas, einer hatte eine Lederhose an", sagte Anna Margarete Landes, Sprecherin der Universität am Freitag, einen Tag nach dem Vorfall.

Der Mann mit der Lederhose sollte offensichtlich als "Österreicher" verkleidet sein. Er stand an einem Holzpranger. Die "Burka-Frauen" bewarfen ihn mit künstlichen Steinen - Requisiten aus Styropor. Die Männer entrollten außerdem ein Transparent und riefen per Megafon rechte Parolen in den Hörsaal.

Die Universität interpretiert das Theater so: "Die Männer wollten offenbar einen vermeintlichen Identitätsverlust des Österreichers anmahnen", sagte Landes SPIEGEL ONLINE. Die Hochschule distanzierte sich umgehend von dem Schauspiel, mit dem offensichtlich zielgerichtet eine Vorlesung zu Flucht, Asyl und Migration gestört wurde.

"Diese erbärmliche Aktion ist auf das Schärfste zu verurteilen. Ganz offensichtlich wollen die selbsternannten `Aktivisten` die an den Universitäten gelebten Werte und Prinzipien attackieren. Das wird ihnen nicht gelingen", hieß es in einer Mitteilung.

Rektor bekommt Schlag in die Magengrube

Rektor Oliver Vitouch war sofort in den Hörsaal gegangen, als er von der Störung hörte. Er alarmierte Polizei und Verfassungsschutz. Als die Männer flüchten wollten, hielt er den Angaben zufolge einen von ihnen fest. Daraufhin bekam er einen Schlag in die Magengrube. Die Gruppe war weg, bevor die Beamten eintrafen.

Allerdings wurde der Vorfall mehrfach aufgezeichnet: "Studenten haben die Aktion mit ihren Handys gefilmt", sagt Landes. "Außerdem waren Überwachungskameras im Einsatz. Es gibt jede Menge Videomaterial, um die Männer zu identifizieren." Teilweise sei dies bereits geschehen. "Die Universität erwägt jetzt alle denkbaren Schritte, um juristisch gegen die Störer vorzugehen", sagte die Sprecherin.

Die Polizei Kärnten bestätigte die Angaben. Man gehe davon aus, dass es sich bei den Verdächtigen um Anhänger der "Identitären Bewegung" handele, sagte der Sprecher Rainer Dionisio. Der Verfassungsschutz arbeite derzeit daran, die Beteiligten zu identifizieren.

Die "Identitären" sind bekannt für rechte Parolen und fremdenfeindliche Aktionen und bekannten sich inzwischen zu der Tat. Auf ihrer Webseite prahlten sie mit der Störung der Vorlesung und warfen dem Rektor vor, er habe sich "provozieren" lassen. Sie wollen jetzt Strafanzeige gegen ihn erstatten, sagte der Polizeisprecher.

"Rechtsextreme Pöbeltruppe"

Österreichs Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner von der ÖVP kritisierte gegenüber der Nachrichtenagentur APA die "aggressive Störaktion". "Das ist völlig inakzeptabel", hieß es in einer Stellungnahme.

Auch die Grünen warnten: "Bei den Identitären handelt es sich um eine rechtsextreme Pöbeltruppe, die nicht vor Gewaltaktionen zurückschreckt." Die augenzwinkernde Sympathie, ja sogar offene Unterstützung" von Funktionären der FPÖ sei entschieden abzulehnen, sagte der Grünen-Abgeordnete Karl Öllinger. Der designierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler forderte die FPÖ auf, sich klar von der Gruppe zu distanzieren.

Die Universität Klagenfurt betonte, man werde sich von solchen Inszenierungen weder einschüchtern noch verunsichern lassen. Rektor Vitouch zitierte den Philosophen Karl Popper in einer Stellungnahme: Die Feinde der offenen Gesellschaft seien heutzutage offenbar wieder auf dem Vormarsch. "Wehret den Anfängen."


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