Das sind die Lieblingsorte der Fahrraddiebe

  16 Juni 2016    Gelesen: 449
Das sind die Lieblingsorte der Fahrraddiebe
Fast 920 Fahrräder werden täglich bei der Polizei als gestohlen gemeldet. In vielen Großstädten haben sich die Bewohner schon damit abgefunden, dass ihr Rad kein Begleiter auf Dauer sein wird. Die wahren Diebstahl-Hochburgen liegen aber in der Provinz.
Der Sommer ist da und damit die Hochzeit für Fahrraddiebe. Über 335.000 Räder sind im letzten Jahr als gestohlen gemeldet worden, ein Viertel davon in nur zwei Monaten, nämlich im Juni und im Juli. Hoffnungen auf ein Wiedersehen können sich die Bestohlenen kaum machen, die bundesweite Aufklärungsquote liegt bei bescheidenen 9 Prozent. Für die Kriminellen ist das ein überschaubares Risiko mit guten Gewinnchancen. Der entstandene Schaden wird jedenfalls auf 160 Millionen Euro im Jahr geschätzt. Eine Studie des Verbraucherportals billiger.de zeigt, wo die Fahrraddiebe herkommen und wo sie am liebsten zuschlagen.

Zunächst eine gute Nachricht: Deutschlandweit waren die Diebstahlzahlen zuletzt rückläufig. 2015 wurden fast 4600 weniger Delikte angezeigt als im Jahr zuvor. In den meisten Hochburgen des Fahrradklaus ist davon allerdings nicht viel zu merken. An der Spitze steht – wie schon in den Vorjahren: Münster. In der selbsternannten Fahrradhauptstadt wurden fast 5200 Räder als gestohlen gemeldet, pro 100.000 Einwohner sind das 1719. Mit 7,5 Prozent liegt die Aufklärungsquote noch unterm Durchschnitt. Auffallend ist, dass sich die Täter offenbar auch im Umland orientieren. Münsters Nachbar-Landkreise Borken, Coesfeld und Steinfurt sind ebenfalls überproportional betroffen.

Platz zwei im traurigen Ranking nimmt Magdeburg ein. Pro 100.000 Einwohner kamen zuletzt 1514 Räder weg. Und die gehen vor allem auf das Konto von deutschen Tatverdächtigen, wie die Auswertung zeigt. Über 85 Prozent der gefassten Diebe hatten einen deutschen Pass. Zum Vergleich: Im bundesweiten Schnitt liegt der Anteil der nichtdeutschen Täter bei knapp 30 Prozent, in Münster stammen sogar 45 Prozent der gefassten Diebe aus dem Ausland. Am höchsten ist der Wert mit gut 63 Prozent im hessischen Offenbach, was angesichts des hohen Ausländeranteils in der Gesamtbevölkerung aber auch nicht weiter erstaunlich ist.

Cottbus ist als Zentrum des Radsports berühmt und offenbar auch bei Fahrraddieben ein angesagtes Pflaster. 1502 Räder pro 100.000 Einwohner wurden dort im letzten Jahr als gestohlen gemeldet. Trotz der Nähe zu Polen sind ausländische Täter hier nur durchschnittlich vertreten – oder sie lassen sich einfach nicht so oft erwischen. Immerhin werden fast ein Viertel aller angezeigten Taten auch aufgeklärt.

Diebstahl fast ohne Risiko

Von solchen Ermittlungserfolgen ist die Polizei in den deutschen Metropolen weit entfernt. In Leipzig (Platz 11, 1258 Diebstähle pro 100.000 Einwohner) liegt die Aufklärungsquote mit knapp 9 Prozent im Durchschnitt, in Bremen (Platz 13, 1035 Diebstähle pro 100.00 Einwohner) bei gerade mal 4,4 Prozent. Fast gar kein Risiko gehen Fahrraddiebe in Hamburg und Berlin ein. Mit 977 Anzeigen pro 100.000 Einwohner liegt die Hansestadt auf Platz 18 der Diebstahl-Hochburgen, Berlin mit 929 Fällen auf Platz 23. In den beiden Stadtstaaten konnten nur 3,9 Prozent aller Täter dingfest gemacht werden.

Deutlich bessere Chancen, ihr Rad wiederzubekommen, haben Bestohlene in Thüringen. Hier liegt die Aufklärungsquote bei fast 18 Prozent, das Diebstahlrisiko ist zudem weit unterm Durchschnitt. Nur in Rheinland-Pfalz und im Saarland wird noch weniger geklaut. Auffällig ist der geringe Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger in Thüringen. Er liegt bei gerade mal 6,5 Prozent. Das hängt sicher mit dem geringen Ausländeranteil unter der Bevölkerung zusammen, könnte aber auch noch einen weiteren Grund haben: Womöglich spielt hier auch die bandenmäßige Kriminalität eine kleinere Rolle. Aus Polizeikreisen hört man öfter, dass Fahrradklau durch organisierte Banden zunehmend zum Problem wird. Die Diebstahl-Profis kommen häufig aus anderen EU-Ländern in Städte mit gutem Autobahnanschluss. Meist wird die Beute EU-weit verkauft. Teils über den Schwarzmarkt, mitunter aber auch über den normalen Fahrradhandel, wie es in der Studie heißt.

Bei der Beschaffungskriminalität werden Räder hingegen meist schnell und vor Ort zu Geld gemacht. Der Großteil der Delikte dürfte aber immer noch auf das Konto von Gelegenheitsdieben gehen, zitierte die "Welt" im vergangenen Jahr Ermittlerkreise. Dazu zählen auch die Fälle, in denen ein Rad mitgenommen wird, weil man gerade eins braucht, etwa um nachts nach Hause zu kommen. Dazu passt, dass laut der Studie über 40 Prozent der ermittelten Täter jünger als 21 Jahre sind.

Rechtzeitig Fotos machen

Wer an seinem Rad hängt, sollte es auf jeden Fall ordentlich sichern. Profis, die es wirklich drauf anlegen, knacken jedes Schloss, dennoch kann man ihnen die Arbeit so schwer wie möglich machen. Ein Schloss, das länger als drei Minuten standhält, gilt laut der Technischen Richtlinie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs als aufbruchsicher. Gelegenheitsdiebe sind meist schon deutlich eher abgeschreckt. Welche Schlösser empfehlenswert sind, kann man beispielsweise bei der Stiftung Warentest nachlesen, im Zweifel ist ein gutes Bügelschloss erste Wahl, auch manche Falt- und Kettenschlösser sind gut. Der Vorteil: Mit ihnen lässt sich das Rad auch leichter anschließen.

Die Chancen, ein gestohlenes Rad wiederzusehen, sind zwar gering, man kann sie aber etwas erhöhen, indem man wenigstens eine gute Beschreibung abliefert. Also: Rechtzeitig die Rahmennummer aufschreiben und Bilder machen. Bei Fahrradclubs und der Polizei kann man sein Rad auch codieren lassen.

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