Der Bezirksliga-Weltstar

  21 Juni 2016    Gelesen: 615
Der Bezirksliga-Weltstar
Auf ihn wurden Hymnen geschrieben. Zu Recht. Doch läuft es nicht im Team, bleibt vom Torjäger Müller nur der stinknormale Kicker übrig. Für ihn eine neue Erfahrung.
Thomas Müller war schon so vieles und jetzt ist er auch noch Bert Brecht. Der Mann, der schon als Anarcho, Freigeist, Goofy oder Stürmer auf Salzletten beschrieben wurde, sagte am Sonntag zur Presse, man könne noch so viel planen, im Fußball komme es oft anders, als man denke. "Der Ball springt manchmal irgendwo hin." Das ist eine Variation des Lieds von der Unzulänglichkeit des Menschen aus der Dreigroschenoper, dort heißt es: "Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch `nen zweiten Plan! Gehn tun sie beide nicht."

Kurz: Da ist viel Zufall im Fußball. So viel ist klar. Müller ist kein Freund des Plans, er vertraut auf seine Intuition. An der Zufallsthese ist ja was dran, doch sprach aus ihm auch die Hilflosigkeit.

Das ist das Stichwort, damit sind wir bei der Art, wie die Deutschen zurzeit Fußball spielen. Da gehen einige Pläne nicht. Es läuft nicht in Müllers Mannschaft. Sie erspielt sich fast keine Chancen. Ein Tor nach einem Freistoß und ein Konter in der Nachspielzeit, das war`s. Es läuft nicht bei Müller. Er hat in zwei Spielen noch nicht einmal ernsthaft aufs Tor geschossen, geschweige denn hinein.
Nur noch ein Müller

Hört man ihm in diesen Tagen zu und beobachtet man ihn auf dem Platz, gewinnt man den Eindruck, dass er, dem bisher immer was eingefallen war, nichts dagegen tun kann. Vom großen Torjäger Thomas Müller bleibt zurzeit nur noch der stinknormale Fußballer übrig, der immer, auch zu besten Zeiten, in ihm steckte. Er ist zurzeit nicht der Müller, er ist nur noch ein Müller.

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Auf Müller wurden schon Hymnen gesungen, auch hier, nicht nur ein Mal. Er ist, neben Mats Hummels, einer der wenigen Nationalspieler, die Journalisten und anderen Fragestellern zuhören, neugierig nachfragen, zweifeln, widersprechen. Er ist auch einer, der Mannschaften und Vereinen eine Identität gibt. Karl-Heinz Rummenigge sagte über ihn den wunderbaren Satz: "Wenn wir zu den Herrgottsschnitzern nach Oberammergau gingen und uns einen echten Bayern-Spieler schnitzen ließen, käme Thomas Müller heraus."

Wie ein Frosch im falschen Tümpel

Vor allem ist Müller auf dem Platz ein Vollstrecker. Ob Weltmeisterschaft, Champions League oder Bundesliga – er trifft eigentlich immer. Weil er schnelle Reflexe zeigt und weil er cool ist. Weil er oft freisteht und weil er Räume deutet, wie es oft etwas verquer und kryptisch heißt. Eher stimmt wohl, dass er ein Gefühl dafür hat, wo ihn die Verteidiger aus den Augen verlieren, und sei es nur für einen Moment. Er läuft schon mal zickzack in deren Rücken, dann müssen sie sich entscheiden, ob sie ihn oder den Ball beobachten.

Daher fordern nun einige, Joachim Löw möge ihn ab dem Duell mit Nordirland als zentrale Spitze aufstellen, zumal sich Mario Götze dort schwertut und Mario Gomez vielleicht nicht mehr gut genug ist. Müller wäre sicher eine sehr gute Lösung, er hat schon so viele Tore geschossen, es sind ihm jederzeit weitere zuzutrauen. Er bereitet auch mal Tore vor, lässt einen Gegner im Tempo stehen.

Doch, die letzten Dinge im Fußball beherrscht er grandios. Da ist er Facharbeiter, Spezialist, hochgradig angepasst an den Strafraum, sein Biotop. Woanders fühlt er sich wie ein Frosch im falschen Tümpel, wie eine Feldmaus in der Stadt.


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