Brexit überzieht Märkte mit Schockwellen

  24 Juni 2016    Gelesen: 1051
Brexit überzieht Märkte mit Schockwellen
Die Zuversicht an den Märkten war verfrüht. Die Briten entscheiden sich dafür, dass ihr Land die Europäische Union verlässt. An den Börsen rauschen die Kurse in die Tiefe. Gesucht sind sichere Häfen.
Der sich Sieg der Brexit-Befürworter sorgt für Schockwellen an den Märkten. Das britische Pfund fällt auf den tiefsten Stand seit drei Jahrzehnten. Der Euro büßt ebenfalls ein. Den Dax sieht IG Marktes vor Handelsbeginn bei nur noch knapp über 9500 Punkten und damit in der Nähe der jüngsten Tiefs. In Japan verliert der Nikkei zeitweise mehr als sieben Prozent. Der Future auf den FTSE - Leitindex in London - gibt um gut sieben Prozent nach. In Australien verlor der Leitindex S&P/ASX fast vier Prozent. Auch in Hongkong, Seoul und Shanghai drehten die Börsen ins Minus, ebenso in Taipeh, Wellington, Manila und Jakarta.

Im Handel schließt man nicht aus, dass die Verluste an Europas Börsen noch höher ausfallen werden. Die stark international ausgerichteten britischen Unternehmen im FTSE-100 dürften von der Abwertung des Pfunds stärker profitieren als die europäischen von der Abwertung des Euro. Unter die Räder dürften vor allem Großbanken kommen - so verloren die in Hongkong notierten HSBC und Standard Chartered zweistellig.

Die Investmentbank Morgan Stanley rechnet damit, dass Aktienwerte im Vergleich zu den Schlusskursen von Donnerstagabend um 15 bis 20 Prozent einbrechen können. "Das ist absolut außerordentlich", sagte Devisenspezialist John Wraith von der UBS Investment Bank. "Ein `Schock` ist noch ein zu schwaches Wort dafür."

"An der Börse muss man auch stets das Unmögliche denken, und dies hatten Investoren am Donnerstag offenbar nicht mehr getan. Man war beinahe euphorisiert von einem Verbleib der Briten in der EU, preiste alle Risiken wieder aus dem Markt", sagte Daniel Saurenz von Feingold Research gegenüber n-tv.de. Nun komme der Dax dort an, wo er acht Tage vorher zum Höhepunkt der Brexit-Sorgen gewesen sei. Und wie geht es weiter? "Die Angst wird aus dem Markt entweichen, da nun Klarheit herrscht", meint Saurenz. "Ersetzt wird sie allerdings nicht durch Erleichterung, sondern durch neue Fragen und Unsicherheit, was nun kommen wird."

Pfund auf tiefstem Stand seit 1985

Die britische Währung bricht um mehr als neun Prozent auf 1,3461 Dollar ein - ein Abschlag von mehr als zehn Prozent. Erstmals seit 1985 liegt das Pfund damit unter 1,35 Euro. Und eine Ende scheint nicht in Sicht: Neue Tiefs könnten ein neues Verkaufssignal im Pfund auslösen mit weiteren Verlusten. "Keiner weiß, wo ein neues Gleichgewichtsniveau liegt", sagt eine Marktteilnehmerin. Das gelte auch für Zentralbanken bei der Frage nach Interventionen. "Alles ist sehr schwer abzuschätzen, die Unsicherheit ist sehr groß", sagt sie.

Der Euro fällt unter die Marke von 1,10 Dollar. "Der Markt ist geschockt", sagt Ulrich Leuchtmann, Devisenchefanalyst der Commerzbank. Der Markt sei wegen der Umfragen aus dem falschen Fuß erwischt worden. Sie hätten das Pro-EU-Lager noch vorne gesehen.

Der Yen ist als sicherer Hafen gesucht. Zeitweise fällt der Dollar erstmals seit November 2013 unter 100 Yen, bis auf 98,99 Yen. Gegen 5.00 Uhr steht der Dollar wieder knapp über der Marke von 100 Yen. "Je mehr Stimmbezirke ausgezählt sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Pro-EU-Lager noch aufholt", sagt eine Marktteilnehmerin. Auf der Aktienseite gilt ein fester Yen als Zeichen hoher Risikoaversion. Die Aufwertung macht inzwischen das Finanzministerium in Japan nervös. Finanzminister Taro Aso bekräftigte die Bereitschaft zu Interventionen gegen eine Aufwertung des Yen. Allerdings sei es noch zu früh, um über eine konzertierte Intervention mehrere Länder zu reden. Ob das Ministerium am Morgen bereits interveniert hat, wollte Aso nicht sagen.

Dennoch könne bislang von einer Panik keine Rede sein, sagte ein Händler. Er spricht vielmehr geordneten Ablauf an den Devisenmärkten. "Von Panik ist bislang keine Spur", heißt es. Zunächst gebe es auch keine Hinweise auf Interventionen durch die Zentralbanken. Dies sei bislang auch nicht nötig. Die Initialreaktion an den Märkten verlaufe im Rahmen dessen, was bei einem "Brexit" zu erwarten gewesen sei.

Zugleich gerät der Schweizer Franken am frühen Morgen unter Aufwertungsdruck. Für einen Euro müssen gegen 4.40 Uhr nur noch 1,077 Franken gezahlt werden - rund 2 Prozent weniger als vor Veröffentlichung erster Abstimmungsergebnisse des EU-Referendums.

Der Preis für die Nordsee-Ölsorte Brent sackt um 4,6 Prozent ein. Für den sicheren Hafen Gold geht es in der Folge deutlich nach oben. Das Plus beträgt teilweise mehr als drei Prozent auf 1313 Dollar. Vor der Abstimmung hatten Experten im Falle eines Brexit einen Anstieg auf bis zu 1400 Dollar für möglich gehalten.

Quelle: n-tv.de

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