Entscheidender Beweis: Das Ozonloch schließt sich

  01 Juli 2016    Gelesen: 552
Entscheidender Beweis: Das Ozonloch schließt sich
Erfolgsmeldungen gab es immer wieder, doch erst jetzt ist es sicher: Die Ozonschicht beginnt zu heilen. Sie schützt Lebewesen vor krebserregender Strahlung.
Der Kampf der Menschheit gegen das selbst verschuldete Ozonloch gilt als größter Erfolg internationaler Umweltpolitik. Lange schwand schützendes Ozon am Himmel, weil der Mensch chlorhaltiges FCKW in die Luft entließ. Schädliche UV-Strahlung der Sonne erreichte vermehrt den Boden, vermutlich erkrankten dadurch viele Menschen an Hautkrebs.

Doch das Verbot ozonzerstörender Substanzen vor 29 Jahren sorgt seit Jahren für positive Schlagzeilen: Der Zerfall der Ozonschicht sei gestoppt, melden Forscher immer wieder. Vor sechs Jahren wurden erste Signale einer Heilung registriert.

Jetzt präsentieren Forscher den entscheidenden Beweis: Am Beginn der Ozonlochsaison im September zeigten Messungen von Wetterballons und Satelliten, dass die Ozonschicht tatsächlich dicker geworden ist, berichten Forscher im Wissenschaftsmagazin "Science".

"Ein wirklich überzeugender Nachweis", kommentiert Ozonloch-Forscher Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut, der nicht an der Studie beteiligt war.

Sonne hilft bei Ozonzersetzung

Der September ist die entscheidende Zeit, um eine Heilung zu erkennen. Das Ozonloch bildet sich über der Antarktis, wenn dort der Frühling beginnt. Ab November verschwindet es wieder, dann wird es über der Antarktis zu warm.

Im September fängt es an: Dann geht über der Antarktis nach dunklem Winter wieder die Sonne auf, und gleichzeitig ist es noch winterlich kalt. Unterhalb von minus 78 Grad Celsius beginnen die FCKW in etwa 20 Kilometer Höhe unter Mithilfe der einsetzenden Sonnenstrahlung mit der Zersetzung der Ozonschicht.

Ende September oder Anfang Oktober erreicht das Ozonloch meist seine größte Ausdehnung. "Ich glaube, wir haben uns bislang alle zu sehr auf diese Zeit konzentriert", sagt Susan Solomon vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, USA, Hauptautorin der neuen Studie.

Zur Zeit seines Maximums schwankt die Größe des Ozonlochs erheblich, sie hängt von zahlreichen Einflüssen ab. Wegen der großen Unterschiede von Jahr zu Jahr lässt sich eine beginnende Heilung der Ozonschicht deshalb nur am Anfang der Ozonloch-Saison erkennen, also Anfang und Mitte September.

"Wir haben den Fingerabdruck"

Und diese Entdeckung präsentieren die Forscher um Solomon nun in "Science": Um 2,5 Dobson-Einheiten pro Jahr habe die Ozonmenge über der Antarktis zugenommen; Dobson ist ein Maß für die Ozonmenge. Durchschnittlich ist die Ozonschicht 350 Dobson dick, zu Zeiten des Ozonlochs aber deutlich kleiner als 200.

Übertragen auf die Breite des Lochs in der Ozonschicht heißt das: Das September-Ozonloch ist um etwa vier Millionen Quadratkilometer geschrumpft, also um ein Areal größer als Indien; oft erreicht das Ozonloch im Oktober eine Größe von mehr als 20 Millionen Quadratkilometern.

"Wir haben den Fingerabdruck für die September-Heilung der Ozonschicht identifiziert", schreiben die Wissenschaftler. "Man sieht eine leichte Verlangsamung des Ozonabbaus im September, direkt nach dem polaren Sonnenaufgang", kommentiert Christoph Brühl vom Max-Planck-Institut für Chemie (MPI) die neuen Daten.

Ein Mysterium

Um auszuschließen, dass natürliche Einflüsse für den Ozonzuwachs verantwortlich waren, ließen die "Science"-Autoren Wettersimulationen laufen. Ergebnis: Höchstens die Hälfte des Zuwachses sei möglicherweise mit Wetterschwankungen erklärbar.

Diese Einschränkung zeige aber auch, dass selbst der neue Befund erheblichen Unsicherheiten unterliege, gibt Nasa-Forscher Paul Newman zu bedenken.

Besonders ein Mysterium beschäftigte die Gelehrten: Warum klaffte noch vergangenen Herbst das zweitgrößte Ozonloch über der Antarktis, obwohl doch stetig weniger FCKW zugegen sind? Die "Science"-Autoren bieten eine Erklärung: Der Ausbruch des Vulkans Calbuco in Chile sei schuld. Partikel aus Vulkanen beschleunigen den Ozonabbau.

Vulkanausbrüche, schreiben die Forscher, hätten in den vergangenen zehn Jahren die Heilung der Ozonschicht verlangsamt. Der Befund verdeutliche, wie groß der Einfluss natürlicher Faktoren sei: Auch die Aktivität der Sonne, die Temperatur hoher Luftschichten, Klimaveränderungen und Winde verändern die Stärke, mit der FCKW die Ozonzersetzung vorantreiben können.

Wann das Ozonloch verschwindet

Die vom Menschen freigesetzten FCKW sammeln sich noch immer in der Höhe, selbst fast 30 Jahre nach ihrem Verbot. "Noch ist genügend Chlor vorhanden, um bis Anfang Oktober das gesamte Ozon im antarktischen Polarwirbel zu zerstören", sagt Brühl.

Es werde deshalb noch Jahrzehnte dauern, bis von einer kompletten Heilung der Ozonschicht gesprochen werden könnte, ergänzt sein MPI-Kollege Jos Lelieveld. Gleichwohl laute die positive Botschaft, dass der Mensch die Umweltkatastrophe Ozonloch wieder rückgängig machen könne.

Die neuen Ergebnisse zeigten, dass die Heilung zwar langsam verlaufe, bestätigt Rex. "Klar ist aber: Unsere Kinder und Enkel werden erleben, wie das Ozonloch verschwindet."

Quelle : spiegel.de

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