Mysteriöse Manöver in 36.000 Kilometer Höhe

  20 Oktober 2015    Gelesen: 912
Mysteriöse Manöver in 36.000 Kilometer Höhe
Alarm im All: Ein russischer Militärsatellit pirscht sich an einen westlichen Daten-Satelliten heran - und verfolgt vermutlich einen ganz bestimmten Zweck. Das Problem: Bremsen kann ihn keiner.
In 36.000 Kilometern über der Erde spielen sich derzeit rätselhafte Satelliten-Manöver ab, die Sicherheitsexperten in den USA und Europa in Unruhe versetzen. Ein vermutlich mit Abhörtechnik ausgestatteter russischer Militärsatellit wurde in das nahe Umfeld von TV- und Kommunikationssatelliten des großen westlichen Betreibers Intelsat herangesteuert.

Nachdem der Russen-Satellit zunächst fünf Monate zwischen zwei Intelsat-Satelliten geparkt wurde, hat er diese Position wieder verlassen. Jetzt hat er einen anderen Intelsat-TV-Satelliten angesteuert und fliegt in dessen Nähe. Intelsat-Manager sprechen von "unverantwortlichen" Manövern.

Die Flugroute des seit September 2014 im All kreisenden russischen Satelliten, der als Lutsch oder Olymp bezeichnet wird, sorgt in Expertenkreisen für Aufsehen. Nachdem er 36.000 Kilometer Höhe über dem Äquator erreicht hatte, wurde er nicht, wie für einen geostationären Satelliten üblich, über einem Punkt der Erde positioniert.

Vielmehr veränderte er mehrfach seine Lage. Er flog zunächst dicht an russische Satelliten heran. Der Branchendienst SpaceNews.com meldete Anfang Oktober dann unter Bezug auf nicht näher genannte Quellen, dass Lutsch sich bis auf zehn Kilometer an einen Intelsat-Satelliten annäherte. Jetzt folgt das neue Manöver, wo er sich Intelsat 905 angenähert hat, einem TV- und Datensatelliten, den auch US-Behörden und Firmen für Kommunikationsnetzwerke nutzten.

Hilflose Flottenbetreiber

Für Weltraum-Sicherheitsexperten hat dies eine neue Qualität. Zwar sind seit Jahren von den Russen, Amerikanern, Europäern und Chinesen Annäherungs- und Koppelmanöver im All bekannt. Dies betraf aber immer die eigenen Satelliten. Deklariert wurden manche Manöver als Test für eine künftige Reparatur, das Abschleppen oder Auftanken von Satelliten.

Angeblich testeten die Militärs auch schon Anti-Satelliten-Waffen (ASAT). Die Annäherung von Lutsch sei aber der erste Fall, in dem ein russischer Militärsatellit sich einem kommerziellen Satelliten unangemessen genähert habe. Es zeige die Verwundbarkeit von Telekommunikationssatelliten im All und die Hilflosigkeit von kommerziellen Flottenbetreibern, heißt es in der Branche.

Der in den USA börsennotierte Satellitenbetreiber Intelsat mit Firmensitz in Luxemburg ist von den Manövern des russischen Lutsch-Satelliten daher beunruhigt. Der Konzern erzielte 2014 rund 2,5 Milliarden Dollar Umsatz und betreibt über 50 Satelliten im All. "Das ist kein normales Verhalten und wir sind besorgt", erklärte Intelsat-Top-Managerin Kay Sears dem Branchendienst SpaceNews.

Angeblich kam es bereits zu mehreren geheimen Verhandlungsrunden im Pentagon. Die Versuche von Intelsat, den russischen Betreiber selbst oder über das US-Verteidigungsministerium zu erreichen, blieben ergebnislos. Zu den Intelsat-Kunden gehören große Medienkonzerne wie Fox oder Walt Disney, Regierungskunden wie die amerikanische oder australische Luftwaffe sowie Firmennetzwerke, etwa für Airbus Defence and Space oder Vodafone.

Tags:  


Newsticker