In unter einer Stunde den Atlantik durchqueren?

  05 Juli 2016    Gelesen: 959
In unter einer Stunde den Atlantik durchqueren?
Es ist der Traum der Militärs: Torpedos und U-Boote, die mit Schallgeschwindigkeit durchs Wasser schießen. Forschungen der US-Marine deuten auf einen Durchbruch in der Superkavitations-Technologie.
In der Luft ist es kein Problem: Seit Jahrzehnten fliegen Kampfjets mit Schallgeschwindigkeit. Unter Wasser sind so hohe Geschwindigkeiten bislang noch nicht möglich, etwa für die futuristische Idee eines Überschall-U-Boots. Aber es gibt schon Torpedos, die etwa 400 km/h schnell sind. Das von der US-Marine geförderte Universitäts-Forschungslabor Penn State Applied Research Laboratory berichtet jetzt von einem Durchbruch auf dem Weg zur ersten Überschall-Unterwasserfahrt.

Dieser Meilenstein dürfte die Fantasie der Militärs für künftige Unterwasserwaffen weiter beflügeln. Schon 2001 hatten kalifornische Wissenschaftler von der theoretischen Möglichkeit berichtet, auch unter Wasser Schallgeschwindigkeit zu erreichen. Sie beträgt im Meer immerhin grob 5800 Kilometer in der Stunde. Rechnerisch würde dies eine Atlantikdurchquerung in weniger als 60 Minuten bedeuten.

Die aktuellen Forschungsarbeiten am Universitätslabor der US-Marine geben den seit Jahren immer wieder auftauchenden Berichten neue Nahrung, wonach die USA, China und Russland mehr oder minder im Verborgenen an extrem schnellen Unterwasserwaffen arbeiten. Für die rasende Fahrt wird dabei ein physikalischer Effekt namens Superkavitation genutzt. Ab einer Geschwindigkeit von etwa 180 Stundenkilometer bildet sich nämlich eine mit Wasserdampf gefüllte Blase, die das Gefährt bis auf die Spitze fast vollständig umschließt. Damit verringert sich der Strömungswiderstand extrem.

Pulsierende Luft-Wasserdampfblase

Den Forschern in Pennsylvania ist es nun im Experiment gelungen, die Form dieser sonst pulsierenden Luft-Wasserdampfblase stabil zu halten, um den Kontakt des rasenden Gefährts mit dem Wasser zu vermeiden. Zudem wird damit der Geräuschpegel gedämpft, berichten die Experten in einem Fachmagazin (International Journal of Multiphase Flow). "Superkavitations-Technologie könnte den Überschall-Transport unter Wasser ermöglichen", erklärt Forscher Michael J. Moeny. Dies wird in der Branche als visionäre Möglichkeit für ein Überschall-U-Boot interpretiert.

Bisher erreichen Torpedos mit Propeller- und Elektroantrieb etwa 90 Stundenkilometer. Mit Verbrennungsmotor werden grob 110 km/h erzielt. Mit Raketenantrieb unter Wasser geht es bereits viel schneller. Die Russen entwickelten schon in den siebziger Jahren ihr VA-111 Schkwal-Torpedo, russisch "Sturmböe". Er raste mit über 370 Stundenkilometer auf sein Ziel zu. Das gut acht Meter lange Geschoss hat eine besonders geformte Torpedospitze mit zusätzlichen Gasaustrittsdüsen. Sie unterstützen den Torpedo dabei, die geschwindigkeitsfördernde Luftblase aufzubauen. Der Torpedo hatte allerdings einen Nachteil: Die Reichweite betrug lediglich 15 Kilometer. Wie es heißt, haben die Russen inzwischen eine superschnelle Torpedofamilie mit mehreren Modellen für noch höhere Geschwindigkeiten.

Deutsche arbeiteten ebenfalls an der Technologie

Auch Deutschland mischte vor einem Jahrzehnt bei dieser Technologie mit. 2005 stellte die Rüstungssparte des Nürnberger Diehl-Konzerns einen "superkavitierenden Unterwasserlaufkörper" vor, der mit der Marine angepeilt und angeblich eine Geschwindigkeit von über 400 Stundenkilometer erreichen sollte. Auf einer Messe in Singapur wurde sogar von einer Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometer für die deutsche Torpedo-Entwicklung mit dem Namen "Barracuda" berichtet. Das Projekt kam aber nie über Vorentwicklungen und ein paar Tests mit einem Prototypen hinaus. Es gab kein Geld für eine Serienentwicklung und Beschaffung – obwohl die Diehl-Entwickler damals durchblicken ließen, sie seien den Entwicklungen in den USA und Russland voraus.

Während es schon schnelle Torpedos gibt, müssen für die Vision von Überschall-Unterwasserraketen oder gar eines Überschall-U-Boots noch zahlreiche technische Probleme gelöst werden. So ist die Steuerung extrem schwierig, weil es kaum direkten Kontakt zum Wasser gibt.

Zu den großen Herausforderungen gehört auch, die Unterwasserkörper zunächst auf die Geschwindigkeit für den physikalischen Luftblasen-Effekt zu beschleunigen. Zudem müssten für Langstrecken – wie einer Atlantikroute – neue Antriebstechniken entwickelt werden. Bei den Superkavitations-Torpedos versagt auch die Zielsteuerung mit einem Sonar, weil es so gut wie keinen Kontakt zum Wasser gibt und die rasante Fahrt selbst sehr viel Geräusche verursacht. Bis zur Realisierung eines Überschall-U-Bootes gibt es also noch viel Arbeit.

Quelle : welt.de

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