US-Wahlkampf: Das FBI stört die Obama-Hillary-Party

  06 Juli 2016    Gelesen: 651
US-Wahlkampf: Das FBI stört die Obama-Hillary-Party
Mit einem fulminanten Auftritt will Barack Obama den Wahlkampf von Hillary Clinton in Schwung bringen. Doch eine FBI-Ohrfeige für die Demokratin überschattet den Termin.
Klar, Donald Trump ist hier gleich Thema. Barack Obama hat Gefallen daran gefunden, sich am Republikaner abzuarbeiten. Unqualifiziert, unverschämt, unkontrollierbar - so in etwa sieht der US-Präsident den Milliardär. Ach, und die Inhalte. Welche Inhalte eigentlich? "Selbst die Republikaner wissen ja nicht so richtig, worüber er spricht", ruft Obama. Gute Stimmung in der Halle. Hillary Clinton lacht ihr Hillary-Clinton-Lachen. Alles bestens.

Der Präsident ist mit Clinton nach Charlotte im Bundesstaat North Carolina gekommen, sie sind gemeinsam in Obamas Air Force One eingeschwebt und dann Hand in Hand in das Convention Center geschritten. Es ist die Inszenierung einer politischen Freundschaft, die natürlich nicht so eng ist, wie es die Bilder nahelegen. Aber beiden liegt viel an ihrem Pakt, sehr viel sogar.

Endlich Spannung

Clinton will von der Popularität Obamas profitieren, der Präsident mit ihrem Wahlsieg sein Erbe retten. Vor dem Convention Center zieht sich eine lange Schlange, in der Halle feiert die Basis schon Stunden vor der Ankunft der beiden Politiker. Ja, man kann sagen, dass in Charlotte so etwas wie Spannung zu spüren ist, vielleicht erstmals in Clintons Kampagne.

Die Wahrheit ist, dass das weniger an Clinton liegt, als an Obama, der nach seinen acht Jahren als Präsident nicht den Anschein macht, sich auf seine politische Rente zu freuen. Man kann darüber streiten, wie groß seine Errungenschaften als Präsident sind, aber was seine Wahlkampffähigkeiten angeht, so dürfte in den USA so schnell niemand auftauchen, der ihm nahekommt. Natürlich ist für ihn inzwischen alles auch etwas einfacher. Die große Programmatik muss er nicht mehr entwerfen, es reicht, als Cheerleader aufzutreten.

Obama stimmt "Hillary"-Sprechchöre an, reibt sich ein paar virtuelle Tränen aus dem Gesicht, als Clinton am Mikro von seinen Töchtern schwärmt, stellt Trump als wildgewordenen Twitterer dar und singt eine Hymne auf die Präsidentschaftskandidatin, nach der man geneigt ist zu glauben, sie sei die begnadetste Politikerin aller Zeiten. "Ich liebe euch", ruft jemand im Publikum. "Ich liebe euch auch", ruft Obama. "Ich liebe North Carolina. Als ich hier früher Wahlkampf gemacht habe, habe ich immer gesagt: Hier sind sogar die Menschen nett, die nicht für mich stimmen." Clinton sitzt auf einem Stuhl hinter Obama und amüsiert sich. Es wirkt, als sitze sie im Publikum einer Late-Night-Show.

Vor acht Jahren, da waren die beiden im Vorwahlkampf der Demokraten regelrecht verfeindet. Aber so schnell, wie ihre Fehde die Stimmung in der Partei damals vergiftete, so schnell schlug sie auch wieder um: Kurz vor Obamas Nominierung im Sommer 2008 stellte sich Clinton auf seine Seite. Obama ernannte Clinton zur Außenministerin, und aus den Rivalen wurden mit den Jahren politische Vertraute, jedenfalls erzählen sie das so in beiden Lagern.

Jetzt will Obama seiner ehemaligen Ministerin etwas zurückgeben.

Für Clinton ist das einerseits ein großer Vorteil: Kurz vor Ende von Obamas Amtszeit scheinen die Amerikaner zu realisieren, was sie an der Nummer 44 haben. Seine Zustimmungsraten sind auf einem Langzeithoch, die Wirtschaft ist einigermaßen stabil, und er ist - das darf in den USA nicht unterschätzt werden - immer noch äußerst unterhaltsam. "Twittern kann jeder", ruft er in offensichtlicher Anspielung auf Trumps Lieblingsbeschäftigung: "Aber niemand hat eine Ahnung davon, was den Präsidentenjob wirklich ausmacht - bis man hinter dem Schreibtisch im Oval Office gesessen hat."

Der Vergleich mit Obama ist für Clinton andererseits auch problematisch: Er hat viel von dem, wovon sie mehr gebrauchen könnte. Wo er über die Bühne zu tänzeln scheint, wirkt sie steif. Wo er improvisiert, wirkt sie einstudiert. Obama hat sich in den acht Jahren im Weißen Haus eine bemerkenswerte Natürlichkeit bewahrt, die einen schnell glauben lassen könnte, er werde keinerlei Schwierigkeiten haben, ins normale Leben zurückzukehren. Bei genauerem Nachdenken ist das natürlich Unsinn, nach zwei Amtszeiten als Anführer der freien Welt ist die Resozialisierung schwierig, das dürfte bei Obama nicht anders sein.

Was das FBI zu Clintons E-Mail-Affäre sagt

Clintons Auftritt mit Obama wird überschattet, es geht mal wieder um die E-Mail-Affäre. Juristisch ist sie jetzt beendet, Clinton wird nicht angeklagt, das ist die gute Nachricht für die Kandidatin. Die schlechte ist, dass sie an dieser Anklage gerade so vorbeigeschrammt zu sein scheint. Das FBI hat ihr für ihren Umgang mit vertraulichen Dokumenten eine glatte Sechs gegeben.

"Extrem unvorsichtig" habe Clinton gehandelt, als sie Teile ihrer dienstlichen Kommunikation auf private Server verlagerte, betonte FBI-Chef James Comey in einer bemerkenswerten Pressekonferenz am Vormittag. Er widersprach ihr zudem in einem zentralen Punkt ihrer Verteidigung: Sehr wohl seien über ihren Server geheime, ja sogar streng geheime Dokumente verschickt worden.

Im Kern sind Comeys Aussagen ein Angriff auf Clintons Urteilsvermögen, und zwar ausgerechnet in dem so wichtigen Bereich der nationalen Sicherheit. Die Vorwürfe dürften sie in den kommenden Monaten noch verfolgen. Clintons Glück ist, dass ihr Gegner Trump selbst kein Paradebeispiel für ein gutes Urteilsvermögen ist und ihr in dieser Hinsicht wenig vorhalten kann. Aber das macht ihr Verhalten nicht besser.

In Charlotte spricht Clinton die E-Mail-Affäre natürlich mit keinem Wort an. Auch sie reibt sich lieber an Trump. "Könnt ihr euch vorstellen, dass er im Oval Office sitzt", fragt sie ins Publikum. "Buh", schallt es zurück. Es ist ein Sound, den Obama an diesem Tag nicht gerne hört. "Nicht buhen", ruft er kurz darauf. "Wählen!"

Quelle : spiegel.de

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