Irgendwas zwischen sieben und 55 Milliarden

  07 Juli 2016    Gelesen: 679
Irgendwas zwischen sieben und 55 Milliarden
Bund und Länder nehmen heute einen neuen Anlauf, ihren Streit über die Finanzierung der Flüchtlingskrise beizulegen. Der Kern: Die Länder wollen mehr Geld, der Bund lehnt das ab. Aber um wie viel Geld geht es eigentlich? Kommt drauf an, wen man fragt.

Die Zahlen, die über die Integrationskosten in Umlauf sind, beruhen auf Schätzungen. Der Deutsche Städtetag beispielsweise prognostizierte in seinem Gemeindefinanzbericht für 2016 Kosten zwischen sieben und 16 Milliarden Euro - ja nachdem, wie viele Flüchtlinge kämen.

Das Institut für Weltwirtschaft bezifferte die Kosten in seiner Konjunkturprognose auf jährlich rund 25 bis 55 Milliarden Euro, abhängig von der Zahl der Flüchtlinge und deren Integration in den Arbeitsmarkt. Die Finanzminister der Länder wiederum rechnen für die Versorgung und Integration Asylsuchender mit zusätzlichen Kosten in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro jährlich. Und das Bundesfinanzministerium kalkuliert für die Jahre bis 2020 eine Summe von 94 Milliarden Euro.

Der Bund trägt die Kosten des Asylverfahrens - also die entsprechenden Kosten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Mit dem Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz sagte der Bund vergangenes Jahr außerdem zu, für die Dauer der Asylverfahren die Flüchtlingskosten zu übernehmen. "Der Bund ist bereit, in Höhe einer Pauschale von 670 Euro pro Monat die Kosten für die Asylbewerber zu übernehmen und zwar beginnend mit dem Tag der Erstregistrierung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel damals. Dabei geht der Bund von 800.000 Flüchtlingen aus und einer Asylverfahrensdauer von fünf Monaten.

Für 2016 rechnet die Bundesregierung mit 7,8 Milliarden Euro an Kosten zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms, wovon 3,6 Milliarden an die Länder fließen. Ende des Jahres erfolgt dann eine sogenannte "personenbezogene Spitzabrechnung"; möglicherweise bekommen manche Länder dann eine Nachzahlung. Der Bund stellt außerdem bis 2019 500 Millionen Euro pro Jahr für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.

Keine Erfassung der Kosten

Die Kommunen sind für die Unterbringung der anerkannten Asylbewerber zuständig. Der Vorsitzende des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Landsberg, beziffert die Kosten dafür auf rund 500 Millionen Euro. Die Länder zahlen die Erstunterbringung eines Flüchtlings, kommen für Essen, Kleidung und Taschengeld auf. Die meisten Länder delegieren die Aufgabe an die Kommunen und überweisen den Kreisen und Städten dafür eine Pauschale.

Wie hoch die Flüchtlingsausgaben der Länder sind, darüber liegen nur Schätzungen vor: Manche Länder wie Berlin veranschlagen beispielsweise nur die laufenden Aufwendungen für Unterbringung und Ernährung. Andere wie Bremen etwa berechnen auch angenommene Mehrausgaben wie Investitionen in Kitas, Schulen, Ausbildung, Sicherheit und Ehrenamt. Im Schnitt planen die Länder Flüchtlingsausgaben von 215 Euro pro Flüchtling ein - der Betrag schwankt aber zwischen knapp 90 Euro in Rheinland-Pfalz bis hin zu rund 770 Euro in Bremen.

Dass die tatsächlichen Kosten bislang kaum berechnet werden, zeigt auch eine Untersuchung der Wochenzeitung "Die Zeit" und des gemeinnnützigen Recherchezentrum correctiv.org. Ihr Ergebnis monatelanger Recherchen: Viele Kommunen wissen nicht, wie viel sie für Flüchtlinge ausgeben. Eine zentrale Kostenerfassung gibt es nicht.

Auf Nachfrage kam beispielsweise aus Bayern die Antwort: "Wir bitten um Verständnis, dass die von Ihnen erbetenen Zahlen statistisch weder vom Sozialministerium noch von den Bezirksregierungen erfasst werden." Und auch vom Deutschen Städtetag bekamen die Kollegen von "Zeit" und correctiv.org mitgeteilt: Es gebe keinen Überblick darüber, welche Kosten in den Kommunen tatsächlich anfielen.

Quelle: tagesschau.de

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