"Wir haben die besten Fans der Welt, mit Abstand. Für sie hätten wir es gerne ins Endspiel geschafft", sagte Bale nach dem 0:2 (0:0) gegen Portugal im EM-Halbfinale und dem Ende eines vierwöchigen Märchens. Wie alle Spieler des EM-Debütanten war der Superstar von Real Madrid in seiner Gefühlswelt hin- und hergerissen: "Wir sind unglaublich enttäuscht. Aber vor allem sind wir stolz." In der Heimat genießen die "Drachen" ohnehin schon Heldenstatus. Überall im Land feierten die Fans trotz der Niederlage bis tief in die Nacht. "Wales ist der größte Gewinner unter den 24 EM-Teams", schrieb die Zeitung "Southwest Evening Post" aus Swansea und behauptete: "Es gibt den uralten Spruch, dass sich niemand an geschlagene Halbfinalisten erinnert. Nicht in diesem Fall. Keine Chance."
"Es geht um das große Ganze"
Nicht vergessen wurde in Lyon auch Gary Speed, der bis zu seinem Selbstmord im November 2011 das Team trainiert hatte. Fans sangen im Stadion und in Pubs immer wieder den Namen des ehemaligen Teammanagers. Nachfolger Chris Coleman betonte, der EM-Erfolg sei auch der "eindeutige Verdienst" seines Jugendfreundes. Speeds Vater Roger war sogar mit seinen Enkeln Ed und Tom nach Lyon gereist. Während eines live ausgestrahlten TV-Interviews brach er in Tränen aus und erzählte, dass seine Frau Carol aus Angst vor den zu erwartenden Emotionen nicht mitgekommen sei. "Fans haben meinen Namen gesungen, unglaublich. Speedo wäre sehr stolz auf all das hier", sagte Roger Speed.
Coleman, der den Außenseiter erstmals seit der WM 1958 zu einem großen Turnier geführt hatte, war ebenfalls bewegt. "Ich war noch nie so stolz auf eine Mannschaft wie auf diese", sagte der 46-Jährige. Künftig gelte es, an die "unglaublichen Wochen" in Frankreich anzuknüpfen. "Die EM mag vorbei sein, aber für diese Mannschaft geht es weiter. Ich hoffe, dass wir die kommende WM-Qualifikation mit dem gleichen Hunger angehen werden", sagte Coleman.
Kein Zweifel: Die EM soll für Wales keine Eintagsfliege sein, "Bales" will mehr, am besten schon bei der WM 2018 in Russland. "Wir sind auf den Geschmack gekommen und blicken jetzt frohen Mutes in die Zukunft", sagte Bale: "Wir möchten nicht nur einmal bei einem Turnier auftauchen. Es geht um das große Ganze." Ein paar Tage lang aber darf Wales noch ein wenig von der EM schwärmen, von jenen verrückten Tagen in Frankreich, als ein EM-Neuling ins Halbfinale vorstieß. Als die Fans im Stadion die Hymne beendet hatten, folgte umgehend der Gesang, der schon den ganzen Tag in den Gassen von Lyon zu hören gewesen war: "Wir wollen nicht nach Hause, wir haben keine Lust zu arbeiten. Wir bleiben lieber hier und trinken Bier."
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