Der Haken an der Sache war nur: Die deutsche Fußballnationalelf hat ihr Halbfinale bei der Europameisterschaft verloren, mit 0:2 (0:1) nach zwei Toren von Antoine Griezmann gegen Frankreich vor 64.078 Zuschauern in Marseille. Der Gastgeber dieses kontinentalen Kräftemessens trifft nun am Sonntag im Finale im Stade de France zu Saint Denis auf Portugal und rechnet sich allerbeste Chancen auf den Titel aus. Die Deutschen aber sind raus - wie vor vier Jahren bei der EM in Polen und der Ukraine, als sie ebenfalls im Halbfinale Italien mit 1:2 unterlagen. Aber das, sagte Löw, könne man nicht vergleichen. Damals hätte der Gegner seiner Mannschaft etwas voraus gehabt. "Heute hatten wir sicherlich den Franzosen etwas voraus."
Schon enttäuscht - aber nicht von sich
Wollte er nur die Ruhe bewahren? Oder war der Bundestrainer wirklich so zufrieden, wie er sich gab? Jedenfalls balancierte er verdammt nah an der Grenze zur Selbstzufriedenheit. "Die Franzosen waren fast ängstlich, weil wir so dominant waren." Oder wollte er sich einen Vorteil im Kampf um die Deutungshoheit verschaffen? Schließlich weiß er, dass stets eine öffentliche Diskussion folgt, wenn die DFB-Elf einen Titel nicht gewinnt. Da hilft es ihm auch nicht, dass er in seiner mittlerweile zehn Jahre währenden Amtszeit stets mindestens das Halbfinale erreicht und vor zwei Jahren in Brasilien die Weltmeisterschaft gewonnen hat.
Nach dem Aus vor vier Jahren lautete der Tenor: Löw hat sich verzockt, die Mannschaft in Warschau zu sehr nach den Stärken des Gegners aus Italien ausgerichtet und mithin falsch aufgestellt. Das war in der Tat in Marseille nicht der Fall. Sami Khedira und Mario Gomez sind verletzt, Mats Hummels war gesperrt - und schließlich musste auch noch Abwehrchef Jérôme Boateng mit einer Verletzung am Oberschenkel passen. "Das ist natürlich nicht ganz so einfach zu verkraften." Doch der Bundestrainer hat darauf gut reagiert und die Mannschaft hat es auch. Keinen Platz fand in Löws Ausführungen allerdings die Erkenntnis, dass ein guter Plan und die richtige Aufstellung noch keinen Sieg garantieren - und wäre er noch so verdient gewesen. Der Bundestrainer wirkte ein wenig so, als fühle er sich vom Schicksal beleidigt. Und damit haderte er dann doch.
Erst haben sie Pech - und dann kein Glück
Schon nach dem Viertelfinale, das Deutschland schließlich im Elfmeterschießen gewann, hatte Löw behauptet, niemals hätten die Italiener ein Tor aus dem Spiel heraus erzielt. Woher will er das wissen? Und auch nun, nach dem 0:2 gegen Frankreich, behauptete er: "Wenn wir in Führung gehen, dann haben wir das Spiel so dermaßen im Griff." Und er bestand darauf, alles richtig gemacht zu haben. "Die Mannschaft hat wirklich alles umgesetzt. Sie war mutig, wir haben unheimlich viel riskiert nach vorne. Von daher gibt es überhaupt keine Vorwürfe von meiner Seite." Klar, die Niederlage sei ärgerlich. "Natürlich sind jetzt alle Spieler sehr enttäuscht."
Aber nicht von sich, sondern vom Schicksal. Denn der Plan hat ja gestimmt. Aber es gehört eben auch zum Fußball, dass der Ball einem Spieler im Strafraum an die Hand springt - so wie Bastian Schweinsteiger, der vor der Pause mit hochgerissenen Armen ins Kopfballduell ging. "Das ist dann einfach irgendwie auch Pech", sagte Löw. Toni Kroos, einer der Besten seiner Mannschaft, schloss sich dieser Interpretation an: "Wir haben unser bestes Spiel bei dieser EM gemacht", sagte er hinterher. So blöd das auch klinge nach einer Niederlage. "Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen." Und Torhüter Manuel Neuer klagte: "Das ist kein faires Ergebnis."
Dabei wäre vielleicht alles anders gelaufen, hätte die deutsche Mannschaft ein Tor erzielt. Auch das kann niemand wissen, es wäre aber zumindest ein konstruktiver Ansatz gewesen. Aber das ist weder Thomas Müller trotz stetigen Bemühens noch seinen Kollegen gelungen. Auch das, sagte Löw, sei Pech. "Manche Bälle gingen knapp vorbei. Wir hatten heute nicht das notwendige Glück." Und was war mit dem 0:2, als Joshua Kimmich den Ball an Paul Pogba verlor und Shkodran Mustafi den Franzosen nicht daran hinderte, nach innen zu flanken? "Da muss man den Ball vielleicht auch aus der Gefahrenzone wegschlagen." Insgesamt aber erinnerte das alles doch stark an den Aphorismus des ehemaligen Bundesligaspielers Jürgen Wegmann, der einst konstatierte: "Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu."
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