Vier Jahre später hat sich das Blatt gewendet. Boris Johnson und David Cameron haben nach dem Brexit-Votum der Briten ihren Hut genommen. Der Elysee-Palast hat seine umstrittenen Steuerpläne eingestampft. Und diesmal sind es die Franzosen, die mit Häme über den Ärmelkanal schauen und dem Vereinigten Königreich seine Top-Verdiener abzuluchsen versuchen.
Seit dem Nein der Briten im EU-Referendum ist in ganz Europa ein Kampf um die Steuerberater, Anwälte, Banker und Wirtschaftsprüfer entbrannt, die nach dem Brexit womöglich aus der City abwandern könnten. Die Berliner Wirtschaftssenatorin schreibt bereits seit fast zwei Wochen Werbebriefe an britische Firmen. Paris will die Londoner Finanzelite nun mit einer ganzen Reihe von Lockmitteln ködern.
"So viele Schulklassen wie nötig"
Wichtigstes Zückerchen: drastische Steuergeschenke. Vermögen im Ausland sollen künftig acht Jahre lang bei der französischen Steuer nicht angerechnet werden. Bislang konnten reiche Ausländer diese Regel nur fünf Jahre in Anspruch nehmen. Auch die Körperschaftssteuer will Premierminister Manuel Valls von 33 auf 28 Prozent senken.
Im "neuen Umfeld, das sich abzeichnet" will Valls Frankreich damit attraktiver für Firmen und Vermögende machen. Paris soll "Hauptstadt der Smart Finance" werden. Reichen Briten will der französische Regierungschef auch den Umzug nach Frankreich erleichtern. Eine zentrale Anlaufstelle soll Firmen und Einwanderern mit allen Behördengängen und Problemen helfen, von Immobilienfragen über Aufenthaltstitel bis zur Einschulung der Kinder. Man werde in den Schulen "so viele internationale Klassen wie nötig" aufmachen, verspricht Valls, damit die Kinder der Neu-Franzosen "Unterrichtsstunden in ihrer Heimatsprache folgen" können.
Steuerrabatte für Unternehmen im Wert von 40 Milliarden Euro sollen zudem über 2017 hinaus verlängert werden. Zudem bietet Frankreich großzügige Steuergutschriften für Startups an, die in Forschung und Entwicklung investieren. "Wir sind uns des negativen Images bewusst, das wir manchmal im Ausland haben", sagte ein Mitarbeiter des Premiers der britischen "Financial Times". "Die Brexit-Abstimmung ist eine Gelegenheit zu beweisen, dass Frankreich wirtschaftsfreundlich ist". Zu punkten versucht Paris dabei neben harten finanziellen Anreizen auch mit seinen weichen kulturellen Vorzügen - weltberühmten Museen, Konzertsälen, Opernhäusern und einer globalen Kunstszene.
Mit dem Vorstoß macht sich Valls zwar bei britischen Finanzmanagern beliebt. Doch zuhause in Frankreich dürften seine Ideen nicht unbedingt gut ankommen. Die Gewerkschaften laufen bereits seit Monaten Sturm gegen seine Arbeitsmarktreform, die den starren Kündigungsschutz aufweichen soll. Valls konnte sie nur per Dekret durchsetzen.
Auch innerhalb der sozialistischen Partei revoltieren viele Abgeordnete offen gegen die wirtschaftsfreundlichen Pläne. Dennoch scheiterten sie am Mittwoch bei der Verabschiedung der Reform in der Nationalversammlung mit einem Misstrauensvotum gegen Valls. Die Banker aus London können also kommen.
Tags: