"Dieser Friedhof mit 145 kompletten Skeletten ermöglicht endlich, die Philister von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen", so Master. Bisherige mutmaßliche Friedhöfe von Philistern hätten nicht neben einer der großen Philister-Städte gelegen. "Das ist der erste, bei dem wir uns sicher sind."
Aufgrund der wenigen archäologischen Funden lieferte bislang vor allem das Alte Testament, der ältere Teil der Bibel, Informationen über die Philister. Denn sie waren die direkten Nachbarn der im hügeligen Inland lebenden Israeliten. So wird im Buch Samuel geschildert, wie die Philister die Bundeslade der Israeliten erbeuten. Im Anschluss kam es demnach zum Duell des Kriegers Goliath mit dem listigen David, der sich der Geschichte zufolge mithilfe einer Steinschleuder durchsetzte.
Die Knochenfunde lassen etwa auf harte körperliche Arbeit schließen, wie die Anthropologin Sherry Fox erläuterte - wobei auch "die Zähne als Werkzeuge genutzt wurden, vielleicht beim Weben". Die Skelette wiesen im Übrigen auf eine "durchschnittliche Körpergröße" der Philister hin, so Fox. Der großwüchsige Goliath scheint also eine Ausnahme gewesen zu sein.
Die Entdeckung des Friedhofs bildet die Krönung einer 30 Jahre währenden Forschung: Grabungsleiter Master ist als Chef der privaten Leon-Levy-Expedition seit 1985 in Zusammenarbeit mit dem Semitischen Museum der Harvard-Universität in Aschkelon den Philistern auf der Spur.
Die Philister aßen Schweinefleisch - und Hunde - Bislang ist über das sagenumwobene Volk vieles noch nicht bekannt. So sind etwa Fragen nach seinem Ursprung und seiner Lebensweise unbeantwortet. Die Kultur ging vor 2600 Jahren unter, als das Heer des Babylonier-Königs Nebukadnezar das Volk besiegte.
"Wir hoffen, nun nicht nur ihre Bestattungskultur zu verstehen, sondern in den Knochen auch Aufschlüsse darüber zu finden, wie sie lebten, sie quasi wieder zum Leben zu erwecken", sagte Master. Derzeit werden die Skelettfunde DNA-Analysen unterzogen, zudem bestimmen Experten ihr Radiokarbonalter. Auch neue Erkenntnisse über die Herkunft des Seefahrervolks erhoffen sich die Forscher.
Die ersten Gräber waren 2013 auf dem Hügel über dem altertümlichen Philisterhafen Aschkelon entdeckt worden, wo in der Blütezeit der Philister-Kultur 13.000 Menschen lebten. Heute liegt die archäologische Stätte in einem grünen Nationalpark an der Mittelmeerküste, der an die moderne Großstadt grenzt. In diesem Sommer wird die Erkundung des Friedhofs beendet, die Grabungsstätte wird wieder verfüllt.
Das "See-Volk", wie die Philister zur Unterscheidung von ihren zeitgenössischen Küstennachbarn, den Kanaanitern, auch genannt wurden, stammte vielleicht ursprünglich aus dem mykenischen Kulturkreis in der Ägäis. Darauf lassen den Forschungen zufolge die rot und schwarz verzierten Tonwaren schließen.
"Sicher ist aber bisher nur, dass sie Fremde im semitischen Siedlungsgebiet waren, wo sie von 1200 bis 600 vor Christus im Küstengebiet zwischen Gaza und dem heutigen Tel Aviv lebten", so Master. Das Händlervolk der Philister praktizierte keine Beschneidung, sie aßen Schweine- und Hundefleisch. Das belegen Funde aus Gaza, Gat, Aschdod und Ekron, den vier weiteren von ihnen gegründeten Städten.
Anthropologin Fox erläuterte, was die jetzt gefundenen Skelette über die Philister verraten: "An den Zähnen sehe ich, dass sie kein leichtes Leben hatten. Wachstumsstörungen verweisen auf Fieberanfälle oder Mangelernährung in der Kindheit."
Grabbeigaben aus dem Friedhofsfund zeigt nun das Rockefeller-Archäologie-Museum in Jerusalem. Allzu morbide ist die Ausstellung mit dem Titel "Aschkelon: eine Retrospektive" allerdings nicht: Gezeigt werden etwa Krüge, Armreife, Bronzefiguren und Silbermünzen.
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