Gutachter: IWF lässt sich von Euro-Ländern unter Druck setzen
Politiker nicht intervenieren lassen. Reformprogramme nicht immer wieder ändern. Alle Mitgliedsländer gleich behandeln: Das sind drei von insgesamt fünf Empfehlungen, die Gutachter des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einem vertraulichen Bericht an die eigene Führungsspitze festgehalten haben. Auf knapp 80 Seiten haben die unabhängigen Experten akribisch die Kredithilfen des IWF für Griechenland, Irland und Portugal analysiert - die Kritik ist harsch und umfassend und sorgt mittlerweile innerhalb des Fonds für heftige Debatten.
So bemängeln die Gutachter, dass es der Fonds zunächst als "unwahrscheinlich" bezeichnet habe, dass er überhaupt Kredithilfen an ein Euro-Land zahlen werde. Später habe man es versäumt, sich Richtlinien zu geben, wie mit Ländern einer Währungsunion umzugehen sei, also mit Ländern, die ihre Währung nicht abwerten könnten.
Der IWF habe in den Verhandlungen mit der Troika, also der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank, "seine charakteristische Gewandtheit als Krisenmanager verloren", heißt es in dem Bericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Und weil die Brüsseler Kommission im Auftrag der Euro-Staaten verhandelt habe, seien die IWF-Mitarbeiter "in ihren technischen Analysen von Anfang an politischem Druck ausgesetzt gewesen".
Europäer weisen die Vorwürfe zurück - und streiten bald in Washington weiter
Weiter heißt es, der IWF habe das Wirtschaftswachstum vor allem in Griechenland und Portugal "allzu optimistisch" berechnet. Der Ruf des Fonds als "unabhängige, technokratische Institution" habe nicht gefestigt werden können. "Der Auftritt des IWF war uneinheitlich."
Auch wenn das im Bericht, der maßgeblich von Nicht-Europäern geschrieben wurde, so nicht steht: Der Vorwurf der politischen Einflussnahme richtet sich direkt an Fonds-Chefin Christine Lagarde. Der Französin wird schon länger vorgeworfen, Europäer zu großzügig zu behandeln. Konkrete Kritik gibt es aber nicht. Die Eigentümer haben alle Kredite in die Länder der Euro-Zone gebilligt, mehr als 100 Milliarden Euro insgesamt. Die Rückzahlung des Geldes läuft planmäßig.
IWF soll in Griechenland politische Rechenkünste verhindern
Brisant ist der Vorwurf aus Sicht der Bundesregierung. Er macht es deutlich schwerer, das Versprechen zu erfüllen, wonach der IWF bei den Finanzhilfen für Griechenland weiter an Bord bleibt.
Die Bundesregierung hat den Bürgern zugesichert, dass die deutschen Kredite in Griechenland auch deshalb nicht versickern, weil sich der IWF als erfahrener und neutraler Akteur an den Programmen beteiligt. Weil er die Reformen überwacht und dafür sorgt, dass zwei plus zwei vier bleibt, also keine politischen Rechenkünste veranstaltet. Unter der ausdrücklichen Zusicherung, dass sich der IWF am dritten, laufenden Kreditprogramm beteiligt, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Ende Mai neue Milliardenkredite für das verschuldete Land freigeben lassen.
Quelle: sueddeutsche.de