Frage: Sie bezeichnen den Ansatz Ihrer Arbeit selbst als "frauenfreundliche Medizin" – was ist damit gemeint? Man könnte es ja auch zynisch finden, dass eine Schönheitschirurgin sich dieses Motto gibt..."frauenfreundlich" könnte ja auch bedeuten, Frauen so zu akzeptieren, wie sie sind, und nicht, sie verändern zu wollen?
Cynthia Wolfensberger: Damit ist gemeint: Wenn Frauen zu mir kommen, die sich unwohl fühlen, dann versuche ich nicht, ihnen mein Schönheitsideal aufzudrängen, sondern ich möchte gemeinsam mit den Frauen aufdecken, woher dieses Unwohlgefühl kommt, und wie wir mit möglichst geringem Aufwand – oder auch mit größerem Aufwand, jedenfalls in einem Rahmen, der jeweils zu der betreffenden Frau passt – dieses Unwohlsein beseitigen können.
Frage: Man könnte sich vorstellen, dass das ein Spagat ist, denn Sie wollen zum einen damit Geld verdienen, andererseits geht es ja bestimmt auch oft darum, Frauen vor sich selbst zu schützen und unrealistische Vorstellungen geradezurücken, beziehungsweise Frauen davor zu schützen, anderen gefallen zu wollen – wie bekommen Sie das hin, sich zu entscheiden zwischen diesen zwei Polen?
Wolfensberger: Ich bin in allererster Linie Ärztin. Es geht mir um die Gesundheit und das Wohlbefinden meiner Klientinnen, meiner Patientinnen, meiner Kundinnen, wie auch immer man es nennen möchte, und ich bin erst in zweiter Linie Geschäftsfrau. Und ich verdiene mein Geld auch mit einer Sprechstunde und einer intensiven Beratung, ohne dass ich am Ende eine Operation oder einen anderen Eingriff durchführe.
Frage: Können Sie hier vielleicht das ein oder andere Beispiel nennen von Fällen, in denen sie gemerkt haben: Der Eingriff, den jemand von Ihnen wünscht, ist nicht das Richtige für diese Frau, das würden Sie lieber ablehnen?
Wolfensberger: Ich nehme mir für jede Erstberatung mindestens eine Dreiviertelstunde, meist eine Stunde, Zeit. Und in dieser Zeit sprechen wir nicht nur darüber, was den Frauen an ihrem Körper nicht gefällt, sondern wie es generell in ihrem Leben aussieht. Und wenn dann eine Frau in Tränen ausbricht, weil das Leben für sie gerade so schrecklich ist und klar wird, dass eine Schönheitsoperation dazu führen soll, dass sie einen Partner findet, oder dass sie davon ausgeht, dass das Leben nach der OP plötzlich wieder lebenswert wird, dann muss ich den Frauen natürlich klarmachen, dass nicht nur ihr Äußeres ihr Leben bestimmt, sondern dass auch ihre Einstellung – ja, ihre Gesamtheit – wichtig ist, und dass die Hülle sicher auch reflektiert auf die Seele, aber sie nicht davon ausgehen sollten, dass ein anderes Aussehen plötzlich alles zum Besseren verändert. Für gewisse Frauen ist das sehr schwer zu akzeptieren, dass ich nicht sofort zum Messer greifen möchte oder kann, damit sie dann glücklichere Menschen sind, sondern ich ihnen sagen muss, dass es dafür, für das Glücklichsein, noch einiges mehr braucht.
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