Der Mittelstandsanleihe droht der Todesstoß

  03 Auqust 2016    Gelesen: 416
Der Mittelstandsanleihe droht der Todesstoß
Schwache Unternehmen, die ihre Schulden nicht bedienen können, greifen auf Mittelstandsanleihen zurück. Die Tilgungen fallen oft aus – ist das der Todesstoß für den Mittelstandsmarkt?
Der deutsche Mittelstand gilt als Motor der Wirtschaft und steht für Zuverlässigkeit. Das lässt sich vom Markt für Mittelstandsanleihen nicht behaupten. Die Mittelstandsanleihe steht für schwache Unternehmen, die ihre Schulden nicht mehr bedienen können. In diesem Jahr sorgten die Insolvenzen des Landwirtschaftskonzerns KTG Agrar, des Modeunternehmens Steilmann oder des Brennstoffherstellers German Pellets für negative Schlagzeilen. Doch das Schlimmste steht noch bevor.

Darauf verweist eine Studie der auf Unternehmensfinanzierung ausgerichteten Beratungsgesellschaft Capmarcon. Demnach stehen noch die meisten Tilgungen aus. In diesem Jahr sollen insgesamt Mittelstandsanleihen über 955 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Davon seien schon 359 Millionen Euro ausgefallen, 123 Millionen Euro noch zu tilgen und 473 Millionen Euro schon zurückgezahlt.

„Tilgungsjahr 2017 kann als desaströs bezeichnet werden“
Aber das dicke Ende kommt nach Ansicht von Capmarcon im kommenden Jahr. „Die Situation für das Tilgungsjahr 2017 kann bereits heute als desaströs bezeichnet werden“, schreiben die Berater. Von den anstehenden Tilgungen über 1,12 Milliarden Euro seien schon jetzt 681 Millionen Euro leistungsgestört, also entweder vollständig verloren oder mit wenig Hoffnung auf volle Rückzahlung. Und im Jahr 2018 befürchtet Capmarcon den Todesstoß für den Mittelstandsmarkt in seiner heutigen Ausprägung. Dann werden fast 1,5 Milliarden Euro fällig. Bislang gelten fast 30 Prozent der bei Investoren plazierten Mittelstandsanleihen über insgesamt 6,1 Milliarden Euro noch als leistungsgestört.

Der Markt für Mittelstandsanleihen ist vor fünf Jahren an der Börse Stuttgart mit dem eigens dafür eingerichteten Segment Bond-M ins Leben gerufen worden. Mit hohen Zinsen wurden vor allem Privatanleger angelockt. Diese hätten misstrauisch fragen müssen, warum ein Unternehmen bereit ist, höhere Zinsen für eine Anleihe zu zahlen als für einen Bankkredit.

Die Antwort wäre ernüchternd gewesen: Diese Unternehmen bekommen selbst zu Zinsen von 7 Prozent aufwärts keinen Kredit mehr von ihrer Bank, weil sie zu schwach sind. Nach Ansicht von Capmarcon wurde „aus der Anleihe für den Mittelstand eine Anleihe für die Bonitätsschwäche“. Viele Unternehmen seien angezogen worden, die sonst kaum noch Kredite erhalten hätten.

Interessanter für institutionelle Investoren

Gleichwohl hält Capmarcon den Ansatz für richtig, Mittelständlern eine weitere Finanzierungsmöglichkeit neben dem Bankkredit zu bieten. Eine der Banken, die Emissionen von Mittelstandsanleihen begleitet hat, ist Equinet. Die auf Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt spezialisierte Bank war für den Fußball-Bundesligisten Schalke 04 tätig, der vor Wochen eine alte Anleihe über zwei neue refinanziert hat.

„Der Markt für Mittelstandsanleihen hat seine Existenzberechtigung“, sagte Christoph Demuth, der die Unternehmensfinanzierung von Equinet leitet. Der Markt werde erwachsen. „Es werden nicht mehr Privatanleger angesprochen, sondern gezielt institutionelle Investoren“, fügt er hinzu. Auch die beiden Schalke-Anleihen sollen zu einem großen Teil von institutionellen Investoren gezeichnet worden sein. Negative Schlagzeilen hätten dazu geführt, dass die Neuemissionen eine Zeitlang darniederlagen.

Doch nun bewege sich der Markt wieder, wie die erfolgreiche Refinanzierung von Schalke zeige. Dass die Mittelstandsanleihen anfangs vorwiegend an Privatanleger vertrieben wurden, hält Demuth für einen Fehler. Die Quote der Ausfälle wird sich nach seiner Schätzung in den kommenden Jahren zwischen 20 und 25 Prozent einpendeln. Bislang sind schon rund 1,4 Milliarden Euro getilgt worden.


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