Und nun, Bank von England?

  04 Auqust 2016    Gelesen: 390
Und nun, Bank von England?
Großbritanniens Geldhüter sollen helfen, den Brexit-Schock zu dämpfen. Heute treffen sie sich wieder. Aber was können sie überhaupt tun, um vor dem EU-Austritt die Wirtschaft zu stützen?
Die Wortwahl ist martialisch: Es sei besser, „mit einem Vorschlaghammer eine Nuss zu knacken, als zu versuchen, mit einer Spielzeugschaufel aus dem Gefängnis auszubrechen“, sagte kürzlich Andrew Haldane, der Chefvolkswirt der Bank von England. Gemeint war damit: Großbritanniens Notenbanker müssten nach dem überraschenden Votum der Bürger für den EU-Austritt entschlossen handeln, um die Wirtschaft zu stabilisieren – und im Zweifel lieber zu viel als zu wenig tun.

Anderthalb Monate nach dem EU-Referendum hat sich eine enorme Erwartungshaltung aufgebaut. Aller Augen sind auf die Bank von England gerichtet, deren geldpolitischer Ausschuss an diesem Donnerstag tagt: Was werden die neun Mitglieder des Gremiums tun, um eine drohende harte Landung für Europas zweitgrößte Volkswirtschaft nach dem Brexit-Schock abzuwenden? Realistisch betrachtet, stellt sich aber auch eine andere Frage: Was können sie überhaupt ausrichten?

Geldhüter könnten an der Zinsschraube drehen

Vor drei Wochen hat die Zentralbank den Leitzins zunächst nicht gesenkt – und damit die Finanzmärkte verblüfft. Nun aber werden die Geldhüter um den Notenbankgouverneur Mark Carney nun wohl handeln: Analysten rechnen mittlerweile fast einstimmig damit, dass die Geldhüter an der Zinsschraube drehen werden, um die Wirtschaft zu stützten.

Denkbar ist außerdem, dass die Notenbanker ankündigen, wieder im großen Stil Staatsanleihen zu kaufen, wie schon nach der Weltfinanzkrise vor acht Jahren. Viele Beobachter rechnen zudem damit, dass die Bank von England ihr Programm „funding for lending“, das Geschäftsbanken für die Vergabe von Krediten belohnt, hochfährt. Auch dieses Instrument kam erstmals im Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise zum Einsatz.

Für eine wirkliche Überraschung können die Geldhüter aber wohl nur sorgen, wenn sie signalisieren, dass sie zu radikaleren Maßnahmen bereit sind. Die Zentralbank könnte beispielsweise der Regierung direkten Kredit gewähren. Staatliche Konjunkturprogramme oder Steuersenkungen zur Stützung der Wirtschaft würden also unmittelbar durch die Notenpresse finanziert. Nicht nur in Großbritannien fabulierten in letzter Zeit Fachleute über eine solche hoch umstrittene „Koordination“ von Geldpolitik und staatlicher Fiskalpolitik.

Für den Notenbankchef Carney, der seit drei Jahren an der Spitze der Bank von England steht, ist der EU-Austritt die größte Herausforderung seiner Amtszeit. Ökonomen bezeichnen Ereignisse wie den Brexit als „Schock“. Am deutlichsten ist dieser am Wechselkurs des britischen Pfunds abzulesen, der schon vor dem Referendum geschwächelt hat und seit dem Austrittsvotum gegenüber dem Euro um weitere 9 Prozent gefallen ist.

Neue Handelshürden durch Brexit befürchtet

Die große Befürchtung ist, dass der Brexit neue Handelshürden zwischen Großbritannien und der EU schafft und das britische Wirtschaftswachstum dadurch dauerhaft niedriger sein wird als bisher. Großbritannien wickelt rund die Hälfte seines Außenhandels mit der EU ab, und es ist unklar, wie stark der Austritt die Spielregeln im Außenhandel verändern wird. Aber auch für die britischen Handelsbeziehungen mit anderen Staaten kann er weitreichende Konsequenzen haben.


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