Italien streitet um seine Kreditwürdigkeit

  08 Auqust 2016    Gelesen: 685
Italien streitet um seine Kreditwürdigkeit
Die letzte große Ratingagentur erwägt, Italiens Rating herabzustufen. Das würde die Finanzierung der Banken verteuern. Der Wirtschaftsminister reagiert verschnupft.
Die italienische Regierung streitet sich mit der größten kanadischen Ratingagentur DBRS (früher Dominion Bond Rating Service) um eine mögliche Herabstufung des Ratings Italiens. Die Agentur, die als letzte der weltweit vier großen Ratingagenturen Italien noch mit einem „A“ für eine vergleichsweise sichere Anlage bewertet, hat angekündigt, eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit zu prüfen. Sie begründete ihre Entscheidung mit der politischen Unsicherheit im Zuge des für den Herbst geplanten Referendums zur Reform der italienischen Verfassung. Regierungschef Matteo Renzi hat an die Abstimmung seine politische Zukunft geknüpft.

Die italienische Regierung reagierte ungewöhnlich scharf auf die Ankündigung und gab ihrerseits an, juristische Schritte wie einen Widerspruch gegen die Ratingagentur zu prüfen. Aus Sicht der Regierung hätten die Kanadier die Regeln verletzt, da sie die Überprüfung außerhalb des dafür bestehenden Mitteilungskalenders bekanntgegeben hätten, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministers. Man werde sich daher anschauen, ob ein Widerspruch möglich sei.

360 Milliarden Euro?

Eine schlechtere Note für Italien würde höhere Finanzierungskosten für die ohnehin schon unter einem Berg fauler Kredite leidenden italienischen Banken nach sich ziehen. Bislang kann die Europäische Zentralbank (EZB) nämlich italienische Staatsanleihen noch ohne Abschlag als Sicherheiten für Kredite an Banken akzeptieren. Dafür reicht es ihr, dass eine der vier großen Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Landes noch mit einem „A“ bewertet. Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch hatten Italien schon herabgestuft; die kanadische Agentur ist zwar weniger bedeutend als ihre amerikanischen und britischen Konkurrenten, gleichwohl zählt ihre Bewertung in gleicher Weise.

Die hierzulande wenig bekannte Agentur hatte auch bei Portugal schon eine wichtige Rolle gespielt. Allerdings ging es in Portugals Fall um einen noch ernsteren Schritt. Nachdem die drei großen Ratingagenturen das Land schon auf Ramschniveau herabgestuft hatten, drohte Portugal sogar ein Ausschluss aus dem Anleihekaufprogramm der EZB. Portugiesische Staatsanleihen hätten dann also nicht mehr gekauft werden können.

Das hätte neue Schwierigkeiten für den ohnehin problematischen Staatshaushalt des Landes bedeutet und Portugal in Bedrängnis gebracht. Diese Sorge hatte im Frühjahr einige Zeit die Anleihemärkte in Atem gehalten. Die Kanadier hatten sich dann aber im Mai entschieden, Portugals Rating auf „BBB (low)“ und damit auf der letzten Stufe oberhalb der als Ramschniveau betrachteten Ratingnoten zu belassen. Der wirtschaftliche Ausblick wurde sogar als „stabil“ bezeichnet. Das Ratingurteil hatte Portugal zumindest eine Atempause verschafft.

Italiens Banken würde eine Herabstufung der italienischen Staatsanleihen, die zu ihren wichtigsten Sicherheiten gehören, in einer ohnehin sehr schwierigen Situation treffen. Wegen der jahrelangen Wirtschaftsflaute schieben Italiens Banken faule Kredite im Volumen von rund 360 Milliarden Euro vor sich her. Im jüngsten europäischen Bankenstresstest hatte die Traditionsbank Monte dei Paschi besonders schlecht abgeschnitten.

Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan hob gleichwohl in einem Interview hervor, selbst für das größte Sorgenkind der Branche sei es ausreichend, dass der Staat als Garantiegeber beim Verkauf fauler Kredite auftrete. Direkte Staatshilfen seien nicht erforderlich. Stattdessen werde die Regierung die Umstrukturierung der Kreditgeber fördern. Italiens Notenbankchef Ignazio Visco hatte dagegen in einem Interview die Ansicht geäußert, die schwere Wirtschaftskrise, die Italien in den letzten Jahren durchlaufen habe, könnte Staatshilfen rechtfertigen. Staatshilfen für Banken sind nach dem EU-Reglement aber nur noch in Ausnahmefällen zulässig.



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