Eine solche flexible Steuer, die bei fallenden Preisen steigt und und bei höheren Preisen sinkt, habe den "Vorteil, dass der Anreiz zur Senkung des Energieverbrauchs mit jeder verbrauchten Energieeinheit gleich hoch bleibt", schreiben die Beamten aus dem Wirtschaftsministerium im "Grünbuch Energieeffizienz".
Hintergrund der Gedankenspiele ist vor allem der derzeit niedrige Ölpreis, der dafür sorgt, dass der Druck sinkt, Energie zu sparen oder ganz auf erneuerbare Energie umzusteigen.
Verbraucher reagieren nur geringfügig auf höhere Preise
Die zusätzlichen Steuereinnahmen, die zumindest momentan wegen des niedrigen Rohstoffpreises erzielt würden, sollen "zur Unterstützung von Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende, insbesondere im Bereich Energieeffizienz, eingesetzt werden", heißt es. Welche Steuer genau mit flexiblen Sätzen für einen gleichbleibenden Energiepreis für die Verbraucher sorgen soll, steht noch nicht fest. Denkbar seien die bisherigen Energie- und Stromsteuern oder auch die Einführung einer neuen CO2-Steuer.
Aber wäre eine solche flexible Steuer, die den Preis künstlich hoch hält, überhaupt sinnvoll? Würde man damit das Ziel erreichen, die Energiewende voranzutreiben?
Unter Ökonomen ist das durchaus umstritten. "Ich stehe dem Vorschlag eher skeptisch gegenüber", sagt Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Es habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Autofahrer nur geringfügig auf höhere Preise an den Zapfsäulen reagieren. Die sogenannte Preiselastizität ist bei Kraftstoff gering. Das liegt vor allem an den vielen Pendlern, die unabhängig von den Preisen nicht darum herum kommen, täglich die gleiche Kilometerzahl zu fahren und dementsprechend auch die gleiche Menge Benzin oder Diesel zu tanken.
Mangelnde Lade-Infrastruktur hält vom E-Auto ab
Ökonom Puls glaubt daher nicht, dass eine Steuer, die den Spritpreis künstlich hoch hält, unmittelbar zu weniger Verbrauch bei den Autofahrern führen würde.
Auch bei langfristigen Investitionsentscheidungen wie dem Kauf eines neuen Autos spricht der Forscher einer solchen Steuer keinen wirksamen Effekt zu. "Die Unterschiede bei den Anschaffungskosten zwischen einem Elektro-Auto und einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor sind immer noch so groß, dass ein paar Cent mehr pro Liter Kraftstoff nicht den Ausschlag für den Kauf eines E-Autos geben würden", sagt Puls.
Zudem habe die bisher nur sehr zurückhaltend angenommene Kaufprämie für Elektroautos gezeigt, dass es den potenziellen Käufern bei ihrer Entscheidung offenbar nicht nur ums Geld gehe. "Da gibt es andere Faktoren wie die mangelnde Lade-Infrastruktur, die eine Rolle spielen", sagt Puls.
Diskussion um Steuererhöhung im Wahljahr unrealistisch
Der Ökonom vermutet, dass es für die Gedankenspiele einen anderen Grund gibt: "Wenn man die Einnahmen der Staatskasse erhöhen will, ist es natürlich ein tauglicher Vorschlag", sagt Puls. Allerdings räumt er dem Vorstoß ohnehin nur geringe Chancen ein, auch tatsächlich umgesetzt zu werden. "In einem Wahljahr dürfte die Erhöhung der Mineralölsteuer nicht mit besonderem Nachdruck verfolgt werden."
Auch Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel sieht noch viele ungeklärte Fragen, kann dem Vorschlag aus dem Ministerium aber durchaus auch Positives abgewinnen.
Auch Klepper glaubt nicht, dass die Menschen wegen höherer Preise kurzfristig weniger tanken. Doch grundsätzlich sei der Ansatz richtig, für höhere Energiepreise zu sorgen. "Eigentlich ist es eine gute Idee, einen planbaren Korridor zu schaffen, in dem sich die Preise ständig bewegen", sagt Klepper.
"Niedrige Ölpreise sind Gift für die Energiewende"
Er glaubt, dass sich so die Entscheidung der Menschen beeinflussen lässt, welches Auto sie sich als nächstes kaufen. "Es wäre ein klares Signal, dass es sich nicht lohnt, auf weiterhin niedrige Ölpreise zu spekulieren", sagt er. Das führe dann zwar unter Umständen immer noch nicht zum Kauf eines Elektroautos, doch ein spritsparendes Modell könnte den Vorzug vor dem SUV mit hohem Verbrauch bekommen. Noch ungeklärt sei allerdings, welchen Preis man als Referenzwert nehmen sollte, um ihn dort mit der flexiblen Steuer stabil zu halten. Der derzeitige Preis sei schließlich deutlich zu niedrig.
Claudia Kemfert, Energie-Expertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) begrüßt die Idee einer flexiblen Benzinsteuer ebenfalls. "Niedrige Ölpreise sind Gift für die Energiewende", sagte sie der Bild-Zeitung. Deshalb müsse man gegensteuern und das Energiesparen belohnen.
"Möglich wäre auch eine Anhebung der Ölsteuern bei sinkendem Ölpreis", sagt Kempfert. "Das Geld kann man nutzen, um beispielsweise Kaufprämien für Autos mit alternativen Antrieben zu zahlen."
Für Klepper geht der jetzt diskutierte Vorschlag sogar noch nicht weit genug. "Die Energiepreise müssen langfristig nicht nur stabil sein, sondern eigentlich steigen", sagt der Ökonom. Während es also sinnvoll sei, niedrige Rohstoffpreise mit einer höheren Steuer auszugleichen, müssten höhere Ölpreise nicht durch niedrigere Steuern kompensiert werden. Diese Version dürfte bei Autofahrern allerdings noch schlechter ankommen.
Quelle : welt.de
Tags: