Das Ergebnis war stets wenig erfreulich, die meisten Schiffe belasteten die Luft mit hohen Mengen an Schwefeldioxid, Stickoxid und Rußpartikeln. Doch wenigstens die Zukunftsaussichten waren wegen angekündigter Investitionen der Unternehmen in neue Schiffe und Umwelttechnik verhalten positiv.
Das alles scheint der Kreuzfahrtbranche nicht sonderlich gut gefallen zu haben. Denn für das jetzt veröffentlichte fünfte "Nabu-Kreuzfahrtranking 2016" haben die Reedereien erstmals keine detaillierten Daten für einzelne Kreuzfahrtschiffe mehr zur Verfügung gestellt. Die Reedereien machten keine Angaben zu ihren Schiffen und füllten den Fragenkatalog des Nabu nicht mehr aus.
Statt der Kreuzfahrtunternehmen lieferte der Branchenverband Cruise Lines International Association (CLIA) allgemeine Angaben zur Flotte. "Es ist doch nicht wichtig, was welches Schiff macht, sondern was die gesamte Schiffsflotte macht", begründet der Chef von CLIA-Deutschland Helge Grammerstorf den Schritt. Nach seiner Darstellung ist die Liste des Nabu nicht vollständig und berücksichtigt nicht sämtliche Nachrüstungen der vergangenen Monate. Unternehmen der Branche wie Aida äußerten sich auf Anfrage nicht zu der Umweltstudie.
Heftiger Streit zwischen Umweltschützern und Reedereien
Das Ranking kam dennoch zustande und die Bewertung der Kreuzfahrtdampfer ist ähnlich schlecht wie in den Vorjahren. Zwischen Umweltschützern und Kreuzfahrtanbietern wird nun allerdings ein heftiger Streit ausgetragen. Firmenlobbyisten sagen, die Umstellung der Schiffstechnik benötige mehr Zeit.
Der Umweltbund zweifelt dagegen an der Einsicht der Unternehmen, dass die veraltete und auf Schweröl basierende Motorentechnik dringend ersetzt werden muss. Denn die Belege sind deutlich: 80 Prozent der in Europa fahrenden Kreuzfahrtschiffe verfügen laut Nabu über keine Abgasreinigung oder halten bestenfalls die gesetzlichen Mindeststandards ein.
Die Urlauber dürfte das alles verunsichern. Ihre Traumreisen auf dem Meer finden oft auf Schiffen statt, die immer noch schwarze Rauchschwaden hinter sich herziehen und hohe Schadstoffmengen ausstoßen. Doch gleichzeitig behaupten die Unternehmen, sie investierten viel Geld, um die Umwelt zu schonen.
Die Wahrheit liegt dazwischen. Die Reedereien unterscheiden sich sehr wohl voneinander, und längst nicht jede Technik funktioniert auch schon. Am Ende ist es wie so oft eine Frage des Geldes: Die Kreuzfahrtreedereien könnten vom Schweröl auf Liquefied Natural Gas (LNG) umstellen, das würde die Emissionen verringern oder gar nicht erst entstehen lassen. Doch in Zeiten billigen Rohöls ist diese Alternative um ein Vielfaches teurer.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander
Und so sieht das aktuelle Ranking auch aus: Von den 50 Kreuzfahrtschiffen, die derzeit deutsche Häfen anlaufen, verfügen nach den Recherchen des Nabu nur einige wenige über Umwelttechnik. "Kein einziges Schiff ist wirklich empfehlenswert", sagt Dietmar Oeliger, der Leiter Verkehrspolitik des Nabu.
Lediglich die Reedereien Aida, Hapag-Lloyd-Cruises und TUI Cruises rüsten ihre neuesten Kreuzfahrtschiffe zum Teil mit geeigneter Technik aus. Zur Anwendung kommt sie aber längst nicht immer. "Ein halbes Jahr nach der Taufe ist die Abgasanlage auf der Aida Prima immer noch nicht in Betrieb", sagt Oeliger.
Die Reederei begründet dies mit der noch ausstehenden Zulassung der neuartigen Anlage. Bei der Taufparty Anfang Mai in Hamburg hatte sich Aida für das "sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt" feiern lassen. Anspruch und Wirklichkeit klafften bei den Firmen weit auseinander, beklagt sich Nabu-Vertreter Oeliger.
Doch während die deutschen Kreuzfahrtreedereien das Thema Schadstoffausstoß der Motoren wenigstens angehen und in technische Nachrüstungen investieren, ist das laut der Analyse des Nabu bei internationalen Unternehmen nicht der Fall. Schiffe der weltgrößten Kreuzfahrtkonzerne Royal Caribbean und Carnival Cruises sowie deren Tochterfirmen sind laut der Aufstellung immer noch mit herkömmlicher Technik unterwegs.
"Manche Firmen haben überhaupt nichts vorzuweisen. Die Bestandsflotte ist extrem schmutzig unterwegs", sagt Nabu-Mann Oeliger. Die beiden Branchenführer Royal Caribbean und Carnival stammen aus den USA mit Firmensitz in Florida – und dominieren den Branchenverband CLIA.
Deutsche Kunden sind sensibler beim Umweltschutz
In dem Schreiben des Branchenverbandes heißt es, dass die Reederei Royal Caribbean auf zwölf Schiffen Rußpartikelfilter einsetzt. Laut den Nabu-Untersuchungen ist jedoch kein einziges Schiff des Unternehmens mit dieser Technik unterwegs.
Dass Aida zur Carnival Cooperation gehört, passe dennoch ins Bild. Die Konzerne seien in Deutschland Umweltthemen gegenüber aufgeschlossener als im Rest der Welt. Schließlich seien deutsche Kunden bei dem Thema kritischer eingestellt.
Bewertet wurden von den Nabu-Experten die Anlagen zur Abgasreinigung auf den Kreuzfahrtschiffen, der verwendete Kraftstoff sowie die Nutzung von Landstrom während der Liegezeit im Hafen. Nach der Untersuchung verfügen nur wenige Schiffe über entsprechende Anlagen, selbst wenn Hafenstädte wie Hamburg bereits die Landstromversorgung anbieten.
Hamburg leidet unter der Schadstoffbelastung
Doch auch hier entscheiden offensichtlich die Kosten: Der günstige Rohölpreis sorgt dafür, dass Kreuzfahrtschiffe ihre Energie mit Schiffsdieselmotoren für etwa acht Cent je Kilowattstunde erzeugen.
Bei einer Energieversorgung über Landstromanlagen ist das Dreifache fällig. Deshalb liefert der Schiffsdiesel den Strom – selbst wenn die Emissionen aus den Schloten der Schiffe die Bewohner in den Hafenstädten stark belasten.
Abzulesen ist dies etwa in Hamburg am sogenannten Luftreinhalteplan: Danach stammen 38 Prozent der Stickoxide und 19 Prozent des Feinstaubs in der Hansestadt aus der Belastung durch die Seeschifffahrt.
Um Schadstoffe aus den Abgasen zu verringern, setzen die Ingenieure sogenannte Schwefel-Wäscher und große Filter für die Rußpartikel ein. Allerdings fehlt teilweise noch die richtige Technik dafür: Schweröl stößt derart viel Ruß aus, dass Filteranlagen groß genug sein müssen, um überhaupt etwas zu bewirken. Das aber bedeutet für die Reedereien, dass sie die Anlagen an Bord unterbringen und auf Platz für einige Kabinen verzichten müssen.
Quelle : welt.de
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