Bereits im Mai 2015 wurde das Signal von dem Ratan-600-Radioteleskop in der russischen Kaukasusregion entdeckt. Allerdings hielten die Entdecker ihre Informationen bis vor Kurzem zurück. Ein Vorgang, der bereits ungewöhnlich ist - schließlich handelt es sich bei dem Forscherteam ebenfalls um Seti-Astronomen.
Das Sternsystem, aus dessen Richtung das Signal kommen soll, trägt den Namen HD 164595 und liegt im Sternbild Herkules. Es ist rund 94 Lichtjahre von der Erde entfernt und weist in einer Hinsicht eine große Ähnlichkeit zu unserem Sonnensystem auf: Sein Stern ist fast genauso groß wie die Sonne. Allerdings ist er mit 6,3 Milliarden Jahren deutlich älter. Bisher ist bekannt, dass das System über mindestens einen Planeten verfügt, der etwa die Größe von Neptun hat und in einem sehr engen Radius um den Stern kreist - was Leben dort unwahrscheinlich macht. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass es noch weitere Planeten in dem System gibt.
Eine uns technisch weit überlegene Zivilisation denkbar
Und auch wenn die Chance auf Entdeckung einer außerirdischen Zivilisation nicht "furchtbar vielversprechend" ist, wie Shostak es formuliert: Die Beschaffenheit des Signals hält die Seti-Forscher nicht davon ab, bereits zu spekulieren, welchen technischen Entwicklungsstand eine mögliche außerirdische Zivilisation haben müsste, um ein derartiges Signal auszusenden.
Shostak nennt zwei Möglichkeiten: Sollten die Aliens sich entschieden haben, das Signal in alle Richtungen auszusenden, würde dieser gigantische Sender hundertmal so viel Energie benötigen, wie in Form von Sonnenlicht auf die Erde fällt. Es würde sich also um eine Zivilisation handeln, die uns technisch weit voraus wäre. Nach der Kardaschow-Skala, welche die Entwicklungsstufen extraterrestrischer Zivilisationen kategorisiert, wäre es eine Zivilisation des Typs II. Eine, die in der Lage ist, die gesamte Energie ihres Zentralgestirns anzuzapfen und zu nutzen. Denkbar wäre das etwa mit einer sogenannten Dyson-Sphäre, die den gesamten Stern umschließt.
Laut Shostak gibt es aber auch die denkbare Möglichkeit, dass eine Alien-Zivilisation bei HD 164595 das Signal gezielt nur in unsere Richtung sendet. Dafür wäre weit weniger Energie vonnöten. Allerdings immer noch so viel, wie die gesamte Menschheit derzeit verbraucht. In diesem Fall könnte es sich um eine Kardaschow-Zivilisation des Typs I handeln, die immerhin die gesamte auf ihrem Planeten verfügbare Leistung ausnutzen kann. Die Menschheit ist übrigens auf gutem Weg, eine Typ-I-Zivilisation zu werden, ist aber derzeit noch eine des Typs 0.
Wir wurden vielleicht noch gar nicht entdeckt
Wenn es um HD 164595 tatsächlich eine hochentwickelte Zivilisation gibt - hat sie uns demnach bereits entdeckt? Shostak hat da Zweifel. Schließlich liege das System so weit entfernt, dass noch keine Fernseh- oder Radarsignale von der Erde dort angekommen sein dürften. Denn diese benötigen 94 Jahre von uns dorthin. Das erste Fernsehsignal wurde aber erst vor etwa 89 Jahren gesendet.
Laut Shostak sind jedoch noch einige Fragen um das entdeckte Signal offen. Etwa müsse noch geklärt werden - auch wenn vieles dafür spricht - ob das Signal tatsächlich aus dem besagten Sternsystem stammt. Auch könne die wirkliche Stärke des Signals noch nicht abschließend bestimmt werden. Und zu guter Letzt: Bis jetzt ist das Signal noch von keinem anderen Radioteleskop bestätigt worden.
Doch die Seti-Astronomen haben bereits das "Allen Telescope Array" - ein nördlich von San Francisco gelegenes Radiointerferometer - in Stellung gebracht, um das in Russland entdeckte Signal zu bestätigen. Seit zwei Tagen bereits suchen die Forscher, ohne bisher fündig geworden zu sein. Allerdings müsse eine große Bandbreite abgesucht werden, schreibt Shostak, was noch etwas dauern dürfte. In den kommenden ein bis zwei Tagen soll es Gewissheit geben. Falls ja, würde die Forschungsarbeit erst richtig beginnen.
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