In fast jeder zurückeroberten Region würden neue Stätten entdeckt, in denen die Opfer verscharrt wurden, berichtet AP. Journalisten der Agentur haben unter anderem Interviews vor Ort geführt und mit Datenanalysten zusammengearbeitet, die Luftaufnahmen auswerten. Auch IS-Propaganda wurde analysiert. Viele Orte, an denen Körper verscharrt sind, seien leicht zu finden, denn die Leichen seien nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt.
Wie viele Opfer des IS in den Massengräbern liegen, bleibt allerdings unklar. AP schätzt, es könnten Tausende sein. Denn von einer systematischen Erfassung der Gräber ist man noch weit entfernt, auch die Exhumierung in befreiten Gebieten kommt bislang nicht voran, sagten Augenzeugen der Agentur. So erklärte ein Mann aus der Region Sindschar, dessen zwei Söhne ermordet und verscharrt wurden, er wolle, dass die Körper geborgen werden. Dafür sei aber ein spezielles Komitee zuständig, sei ihm gesagt worden, das die Exhumierung vornehmen werde. Seit zwei Jahren aber passiere nichts. Zudem befinden sich viele Massengräber in noch gefährlichen Regionen.
Konkrete Belege für Massengräber gibt es unter anderem aus folgenden Orten:
Irak
Mossul: Anfang Juni 2014 nahm der IS die Stadt Mossul ein. Die Extremisten ermordeten am 10. Juni bis zu 670 Häftlinge des Gefängnisses Badusch. Bei den Opfern soll es sich um Nicht-Sunniten handeln. Die Uno sprach später von einem Massaker. Das Massengrab soll sich in der Nähe des Gefängnisses befinden, das zeigten ausgewertete Satellitenbilder.
Tikrit: Nach der Befreiung von Tikrit im Frühjahr 2015 entdeckten irakische Behörden mindestens 14 Massengräber. Darin verscharrt waren Soldaten von der Militärbasis Camp Speicher, die vom IS erobert worden war. Die Extremisten hatten Hunderte Soldaten erschossen, AP spricht sogar von 1700 Männern. Es gilt als eines der schlimmsten Kriegsverbrechen des IS.
Das Massaker hatte im Irak scharfe Kritik an Armee und Regierung ausgelöst. Angehörige der Opfer stürmten 2014 das Parlament in Bagdad und forderten, die verantwortlichen Offiziere zur Rechenschaft zu ziehen. Einige hochrangige Soldaten sollen vor dem IS geflohen sein und die unbewaffneten Rekruten zurückgelassen haben.
Am Sonntag hat der Irak 36 Männer hingerichtet, die an dem Massaker beteiligt gewesen sein sollen.
Sindschar: Im Sindschar-Gebirge sollen sich mindestens sechs Massengräber befinden, darin sollen mehr als hundert Leichen liegen. Im August 2014 hatte der IS das Gebirge, ein wichtiges Siedlungsgebiet der Jesiden, erobert. Auf grausame Weise gingen die Dschihadisten gegen die Jesiden vor. Frauen und ältere Mädchen wurden weggebracht und als Sex-Sklavinnen verkauft. Wer von den Männer und Jungen im Teenageralter nicht zum Islam konvertieren wollte, wurde erschossen. Die Überlebenden haben mit diesen Bildern und Erinnerungen zu kämpfen. Die Massengräber, die teilweise mit Maschendrahtzaun abgesperrt sind, sind klar zu erkennen. "Es ist schwer, die Gräber jeden Tag zu sehen", sagt ein Mann, mit dem AP gesprochen hat. Er habe gesehen, wie jesidische Männer erschossen worden seien und dann Bulldozer Erde über ihre Körper geschoben hätten.
Syrien
In Syrien hat AP 17 Massengräber ausgemacht. Aktivisten vermuteten, dass es Hunderte weiterer Gräber geben könnte - in noch immer vom IS kontrollierten Gebieten. Anwohner haben nach Informationen von AP versucht, einige Gräber zu dokumentieren oder sogar die Leichen zu exhumieren.
In der Stadt Deir al-Sor sollen laut AP 400 Mitglieder eines einzelnen Stammes in einem Grab verscharrt worden sein. Insgesamt soll der IS tausend Angehörige des Shueitat-Stammes getötet haben. Die Terrormiliz hat noch immer 110.000 Menschen in Deir al-Sor am Euphrat eingekesselt. Sie leben in einer Enklave, die von Regimetruppen gehalten wird.
In der Provinz Rakka sollen die Leichen von 160 syrischen Soldaten in sieben Gräbern gefunden worden sein.
Quelle : spiegel.de
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