Warum Britney Spears keinen Sex mehr mag

  31 Auqust 2016    Gelesen: 1053
Warum Britney Spears keinen Sex mehr mag
Seit Jahren ist Britney Spears Projektionsfläche für Begehrlichkeiten aller Art. Auch ihr neues Album ist eine Einladung ins Schlafzimmer. Privat interessiert sie sich nicht mehr für solche Dinge.
Es könnte schlechter laufen für Britney Spears. Am Donnerstag fuhr sie beim "Carpool Karaoke" im Wagen von James Corden durch Los Angeles, am Freitag erschien ihr neuntes Album "Glory", und heute Abend wird sie mit dem Rapper G-Eazy bei den MTV Video Music Awards ihre aktuelle Single "Make Me ..." zum Vortrag bringen. Bereits letztes Jahr wurde ihr zunächst für vier Jahre geplantes Las-Vegas-Gastspiel "Piece of Me" bis Ende 2017 verlängert, und nun hat auch noch der amerikanische Fernsehsender Lifetime angekündigt, ihr bewegtes Leben in ein abendfüllendes Biopic zu verwandeln.

Wobei man nicht unerwähnt lassen sollte, dass das bislang namenlose Projekt ganz und gar nicht die Zustimmung des 34-jährigen Popstars findet. Es soll darin vor allem um ihren Aufstieg zu Amerikas Pop-Prinzessin Nummer eins sowie die Fallstricke des Ruhms gehen – gescheiterte Beziehungen, peinliche Ausrutscher und ihren Absturz im Jahre 2007, als sie sich den Schädel rasierte, eine Abneigung gegen Unterwäsche entwickelte, plötzlich mit britischem Akzent sprach und Fotografen mit Regenschirmen attackierte, und das ausgerechnet im Süden Kaliforniens, wo es bekanntlich nie regnet.

Aber der Absturz hatte auch seine guten Seiten. Weil Britney praktisch rund um die Uhr mit sich selbst beschäftigt war, konnte ihr Team ohne nennenswerte Beteiligung der eigentlichen Künstlerin mit "Blackout" ein Album aufnehmen, das mit weitem Abstand ihr bestes ist. Weil sie vollkommen abwesend schien, wirkte sie ganz bei sich, während elektronisch verfremdete Stimmen zu fröhlichem Dancepop von den Zumutungen des Lebens als Superstar sangen.



Noch persönlicher als persönlich

Anschließend verschwand Spears mehr und mehr aus ihrem Werk und trat in ihre postauthentische Phase ein. Person und Künstlerin führten fortan eine Fernbeziehung, nur bei der Arbeit kam es noch zu flüchtigen Begegnungen. Durch ihre Konzerte schlafwandelte sie wie Elvis durch seine Filme, der Gesang kam weitgehend vom Band. Um den Eindruck zu korrigieren, Britney sei ihr Schaffen eigentlich einigermaßen egal, veröffentlichte sie dann vor knapp drei Jahren das Album "Britney Jean".

Immer wenn eine Künstlerin einem Werk ihren Vornamen verpasst, muss es als Zeichen eines Neuanfangs gedeutet werden, nur hatte Britney dummerweise ihren bereits 2001 für ihr drittes Album verbraucht. Weil "Britney" der Behauptung nach ein besonders persönliches Album war, musste "Britney Jean" also noch persönlicher werden, ein Werk, auf dem Spears ganz mit sich und der Popmusik im Einklang steht. Unter der Führung des Rappers Will.I.Am dachten insgesamt 23 Produzenten darüber nach, wie man Spears` Persönlichkeit am schönsten zum Leuchten bringt. Viel fiel ihnen nicht ein. "Britney Jean" war nur 36 Minuten lang und kam beim Publikum nicht an.

Spears` neuntes Werk "Glory" wird daher allenthalben als ihr Comeback gehandelt, zumindest als ein Comeback-Versuch, denn noch lässt sich über den Erfolg nichts sagen. Man muss allerdings feststellen, dass ihre Stimme zurück ist. Sie singt plötzlich. Und wie es nun einmal ist, wenn man lange nicht gesungen hat und die Stimmbänder nicht warm sind, findet sie nicht auf Anhieb den richtigen Ton, weshalb Spears auf dem ersten Song des Albums bizarrerweise wie eine Mischung aus Janet Jackson und Enya klingt.

Wohlmöglich ihr bislang abwechslungsreichstes Album

Über einem untertourigen Brummen hört man sie hauchen, seufzen und säuseln. "Put your love all over me", singt sie, was von der Hörerschaft trotz des Songtitels "Invitation" offenbar nicht gleich als Einladung verstanden wird, denn im zweiten Titel "Do You Wanna Come Over?" hält sie es für nötig, noch eine Einladung auszusprechen. Und beim dritten und vierten Song auch und selbst danach wieder und wieder. Schon jetzt muss man sagen, dass "Glory" ihr einladendstes Album ist.

Aber was hat sie zu bieten? Sex in "Make Me ...", Sex in "Clumsy", eine Pyjama-Party mit Aussicht auf Sex in "Slumber Party" und Poledance und Sex in "Private Show". Man sollte jedoch nicht den Eindruck gewinnen, dass "Glory" ein eintöniges Album ist. Wohlmöglich ist es ihr bislang abwechslungsreichstes.

Es gibt Songs in verschiedenen Geschwindigkeiten, es gibt Bläser und Akustikgitarren, es gibt Melodien, an die man sich erinnern kann. Zumindest in der Deluxe-Version von "Glory" gibt es Lieder, in denen Spears spanisch und französisch singt. "Coupure Électrique" ist aus unerfindlichen Gründen komplett französisch, wie man selbst mit überschaubaren Französischkenntnissen ziemlich schnell feststellt, geht es auch darin um Sex.

Küssen ist okay, sonst ist sie mit Männern durch

Andererseits wäre man überrascht, wenn Spears im achtzehnten Jahr ihrer Popkarriere plötzlich über andere Dinge singen würde. Seit ihrem ersten Hit "… Baby One More Time" war es ihre Aufgabe, sich als Projektionsfläche für Begehrlichkeiten aller Art zu präsentieren – mach`s mir noch mal, ich bin geboren, um dich glücklich zu machen, ups, ich habe es schon wieder getan, ich bin eine Sklavin für dich.

Die Besonderheit von "Glory" ist, dass es nicht gerade sexy klingt, sondern sich wie ihre frühen Singles eher nach Eisessen im Sommer anhört, nach Autoscooter, Kaugummiautomat und Rollschuhdisco, nach einer Pyjama-Party, bei der statt Sex lieber Kartoffelchips und Cola auf dem Menüplan stehen.

Wie Britney in ihrer "Carpool Karaoke"-Episode erklärt, sei sie an Sex sowieso kein bisschen interessiert. Sie könne sich zwar vorstellen, hin und wieder mal jemanden zu küssen, aber sonst sei sie mit Männern durch. Als James Corden sie fragt, worum es in ihrem Hit "Oops! … I Did It Again" gehe, sagte Spears, sie habe keine Ahnung. Sie hat andere Dinge im Kopf.

Manchmal hilft Kontinuität durch schwierige Zeiten

Ihren Instagram-Account etwa, den sie mit Bildern von ihren beiden Söhnen, Kaffeetassen und Sinnsprüchen füttert, etwa: "Ich kann nicht erklären, was ich damit meine. Und wenn ich es könnte, hätte ich wahrscheinlich keine Lust dazu." J.D. Salinger hatte diese Worte einst dem Helden seines Romans "Der Fänger im Roggen" in den Mund gelegt, und offenbar fühlte Spears in dieser Sache mit Holden Caulfield eine Verbundenheit.

Quelle : welt.de

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