Schweizer Justiz zur WM-Affäre: Ermittlungen gegen Beckenbauer wegen Geldwäsche und Untreue

  01 September 2016    Gelesen: 573
Schweizer Justiz zur WM-Affäre: Ermittlungen gegen Beckenbauer wegen Geldwäsche und Untreue
Lange sah es so aus, als würde in der WM-Affäre strafrechtlich nicht gegen Franz Beckenbauer vorgegangen. Doch nun hat sich nach SPIEGEL-Informationen die Bundesanwaltschaft der Schweiz eingeschaltet.
In der Affäre um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 drohen Franz Beckenbauer erstmals strafrechtliche Konsequenzen. Nach Informationen des SPIEGEL hat die Bundesanwaltschaft der Schweiz ein Ermittlungsverfahren gegen Beckenbauer wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche eingeleitet.

Neben dem ehemaligen Chef der deutschen WM-Bewerbung werden in dem Verfahren auch weitere Beschuldigte geführt. Wie die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte, handelt es sich hierbei um weitere Mitglieder des WM-Organisationskomitees: Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach.

Grund für die Ermittlungen ist eine Reihe dubioser Zahlungsströme über zehn Millionen Schweizer Franken, die ihren Anfang 2002 nahm und 2005 endete. Der SPIEGEL hatte sie im vergangenen Jahr aufgedeckt. Die Vorgänge darum wurden als WM-Affäre bekannt. In deren Verlauf musste der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zurücktreten.

Nach einem im Auftrag des DFB durch die Anwaltskanzlei Freshfields erstellten Bericht trug sich damals folgendes zu: Zwischen Mai und Juli 2002 wurden in vier Tranchen sechs Millionen Schweizer Franken von einem gemeinsamen Konto Beckenbauers und seines damaligen Managers Robert Schwan an eine Anwaltskanzlei in Sarnen in der Schweiz überwiesen. Das Geld landete bei der KEMCO Scaffholding in Katar, die dem ehemaligen Fifa-Skandalfunktionär Mohammed Bin Hammam zugerechnet wird.

Im August 2002 überwies dann der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus seinerseits zehn Millionen Schweizer Franken an die Kanzlei in der Schweiz, die knapp sechs Millionen davon zurück an Beckenbauer überwies und die restlichen vier Millionen an die KEMCO in Katar. Im April 2005 dann überwies der DFB 6,7 Millionen Euro - rund zehn Millionen Schweizer Franken inklusive Zinsen an den Weltfußballverband Fifa, unter dem Vorwand, für ein Kulturprogramm im Rahmen der WM 2006 in Deutschland zu bezahlen. Die Fifa leitete den Betrag weiter an Louis-Dreyfus. Wohin das Geld aus Katar ging, ist bislang offiziell ungeklärt.

Die meisten der damals Beteiligten behaupten, die Zahlungen seien nötig gewesen, um einen Organisationskostenzuschuss in Höhe von 250 Millionen Franken durch die Fifa für die WM 2006 zu bekommen. Da das WM-Organisationskomittee keine eigenen Mittel gehabt habe, habe man sich Geld von Adidas-Chef Louis-Dreyfus geliehen und dann später über den DFB zurückgezahlt. Der ehemalige DFB-Chef Zwanziger sagte allerdings zwischenzeitlich, Günter Netzer habe ihm gegenüber gesagt, davon seien Stimmen aus Asien bei der WM-Vergabe gekauft worden. Netzer bestreitet dies.

Bislang ermittelte nur die Staatsanwaltschaft Frankfurt in dem Komplex - gegen die damals Verantwortlichen beim DFB wegen Steuerhinterziehung. Das Schweizer Verfahren gibt dem ganzen Fall eine neue Dimension. Die "ungetreue Geschäftsbesorgung" wird im Schweizer Recht mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren geahndet, in besonderen Fällen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Zuständigkeit der Schweizer Bundesanwaltschaft leitet sich daraus ab, dass die Transaktionen über die Schweiz liefen.

Geschädigter wäre laut der Verdachtslage der DFB: Er zahlte am Ende die rund 6,7 Millionen Euro, die in den Jahren zuvor in dubiose Kanäle flossen.

Beckenbauers deutscher Anwalt war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Die Bundesanwaltschaft bestätigte lediglich eine "andauernde Operation in diesem Kontext".

Beckenbauer selbst äußerte sich Ende vergangenen Jahres gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" im Bezug auf die Affäre. Dort bestritt er, dass Geld für Stimmen gezahlt worden sei. Zudem sagte er, er habe "immer blind unterschrieben, wenn sie meine Unterschrift gebraucht haben", ohne zu lesen, was er unterschrieb. "Ich habe nichts Unrechtes getan", sagte er.

Quelle : spiegel.de

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