Von Anfang habe sie an der Parade teilgenommen, verriet Goldin dem Portal "BuzzFeed". Ihre Töchter Sally und Reeni, denen die Liebesbekundung gewidmet ist, hatten sich kurz nach der ersten Pride Parade 1970 zu ihrer Homosexualität bekannt. Seitdem hat Mama Frances das Schild dabei. Den Zusatz "Passt auf sie auf" hat Goldin dem Schild 1993 hinzugefügt.
Goldins Botschaft zeigt Wirkung. Auf Paraden erhalte sie großen Zuspruch, verrät Frances Goldin. Regelmäßig würden andere Teilnehmer sie fragen, ob sie nicht mal mit ihren Eltern sprechen könne. Oder gleich ihre Mutter werden möchte. Im Geiste adoptiere sie die Fragenden, sagt die New Yorkerin, und spreche auch gern von ihnen als Töchter. Frances Goldin sei für sie die Art von Mutter, die sich die meisten auf einer Gay Pride Parade wünschen würden.
"Sie glaubt an Gleichheit, Fairness und das Gute", sagt Goldins Tochter Reeni über ihre Mutter. Das beschränkt sich keinesfalls auf ihren Einsatz für die LGBT-Gemeinde (Homo-, Bi- und Transsexuelle). Der mediale Wirbel um das Schild von Frances Goldin ist eigentlich nur eine Fußnote, wenn man es mit ihrem Engagement in New York vergleicht. Die Aktivistin aus der Lower East Side ist quasi die Mutter des Protests.
Bereits in jungen Jahren tritt Goldin der Kommunistischen Partei bei, kandidiert als Vertreterin der sozialistisch geprägten American Labor Party für den New Yorker Senat. Ab den Fünfzigerjahren führt sie einen langwierigen Kampf gegen Bauprojekte in der Lower East Side. Eine Geschichte, die in der Dokumentation "It Took 50 Years" erzählt wird.
Die von ihr gegründete Literaturagentur "Frances Goldin Literary Agency" veröffentlicht, das überrascht nicht, Bücher, die sich dem kulturellen Diskurs widmen. Seit 1977 verschafft sie meinungsstarken, mitunter politisch radikalen Autoren wie Barbara Kingsolver, Adrienne Rich oder Dorothy Allison Gehör. Auch den wegen eines Polizistenmordes inhaftierten Autor Mumia Abu-Jamal vertritt sie als Agentin und kämpft für seine Freilassung. Überhaupt streitet Goldin an vielen Fronten. "Sie unterstützt die Dinge, an die sie glaubt, mit vollem Einsatz", sagt ihre Tochter Reeni. "Das ist ihr Leben."
Leiser ist Frances Goldin trotz ihres fortgeschrittenen Alters nicht geworden. Noch 2011, bei den Occupy-Protesten, sah man sie mit einem Schild in der Hand, auf dem sie verkündete: "Ich bin 87 Jahre alt und fuchsteufelswild." Sogar verhaften lassen wollte sie sich. Die Polizei lehnte das ab, es hätte ein schlechtes Licht auf die Gesetzeshüter geworfen. Bei Demonstrationen sitzt Goldin heute lieber im Rollstuhl. Die Leute kommen aber weiterhin auf sie zu. Denn ihr Schild hat sie noch immer jedes Mal dabei.
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