Jede schwappende Flüssigkeit verliert Energie, sodass die Wellen in ihr kleiner und kleiner werden. Der herkömmlichen Theorie zufolge läuft dieser Prozess allerdings exponentiell ab. Das bedeutet, die Wellen werden zwar immer kleiner, kommen aber nie ganz zur Ruhe.
Die Beobachtung aber zeigt, dass das Schwappen irgendwann aufhört. Physiker haben bislang angenommen, dass unbekannte weitere Effekte dabei eine Rolle spielen.
Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, untersuchten Gallaire und Kollegen schaumbedeckte Flüssigkeiten. Frühere Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass der Schaum das Schwappen stark dämpft. Bereits fünf Lagen Schaumbläschen reduzieren demnach die Höhe der Wellen in einem Glas auf ein Zehntel.
Grund für diese dämpfende Wirkung sind die Kapillarkräfte. Sie sind eine Folge der Oberflächenspannung in der Flüssigkeit und beispielsweise die Ursache dafür, dass Flüssigkeiten in der Regel ein kleines Stück die Wand ihres Behälters hinaufkriechen.
Durch theoretische Analysen und praktische Experimente stellten die Physiker nun fest, dass die Kapillarkräfte zwischen den Schaumbläschen besonders in der Nähe der Behälterwände zu einem Druckgefälle führen.
Dieses Druckgefälle sorgt für kleine Bewegungen in der Flüssigkeit, die dem Schwappen entgegenwirken. Überraschenderweise wird diese Dämpfung umso stärker, je langsamer die Wellen werden.
"Wir haben etwas gesehen, das wir nicht glauben konnten", schildert Gallaire in einer Mitteilung des American Institute of Physics. "Diese Kapillarkräfte sind klein, aber sie sind sehr wichtig, sobald die Abmessungen oder Bewegungen klein werden", ergänzt Co-Autor Pierre-Thomas Brun vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Unter Berücksichtigung der Kapillarkräfte sagt die neue Theorie nun korrekt voraus, dass eine schwappende Flüssigkeit nach einer endlichen Zeit zur Ruhe kommt. Und das gilt nicht nur für Bier, Cappuccino, Badewannenwasser und andere schaumbedeckte Flüssigkeiten, sondern grundsätzlich für jede Flüssigkeit.
Ohne Schaum ist die Dämpfung sehr viel schwächer. Schon fünf Lagen Schaumbläschen reduzierten die Höhe der Wellen im Glas auf ein Zehntel, hatten Forscher unlängst herausgefunden. Mehr als fünf Lagen Schaum bringen keine nennenswerte zusätzliche Dämpfung, da sich die oberen Lagen der Bläschen kaum noch bewegen.
Die Forscher hoffen, dass ihre Untersuchung auch jenseits der Kneipentheke von Nutzen ist. Während überschwappendes Bier lediglich ein Ärgernis ist, kann schwappende flüssige Fracht wie etwa Öl oder Flüssiggas ein Fahrzeug aus der Bahn werfen oder sogar seine Tankwände bersten lassen.
Womöglich könnten Schichten aus Bläschen einen sicheren Transport gefährlicher Flüssigkeiten wie Flüssiggas und Raketentreibstoff ermöglichen, hoffen die Forscher.
Quelle : spiegel.de
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