Fed steckt in der Zins-Zwickmühle

  21 September 2016    Gelesen: 779
Fed steckt in der Zins-Zwickmühle
Die US-Notenbank ist in den Wahlkampf geraten. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump wirft der Fed vor, Politik für die Demokraten zu machen. Eine klare Zinsansage wäre jetzt dringend nötig.
Noch nie waren die Zinsen so lange so niedrig. Nach der Finanzkrise 2008 lag der Leitzins der US-Notenbank Fed erst jahrelang knapp über null Prozent. Seit Ende 2015 bewegt er sich zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Eigentlich waren längst weitere Zinsschritte erwartet worden, aber seit Dezember ist nichts mehr passiert. Diese Woche wälzen die US-Währungshüter wieder das Thema. Doch Beobachter rechnen auch diesen Mittwoch nicht mit einem weiteren Zinsschritt. Geldpolitik an sich ist schon eine heikle Angelegenheit. Der Wahlkampf in den USA macht sie aber definitiv noch einmal schwieriger.

Hebt die Notenbank die Zinsen an, bedeutet das: Der Wirtschaft geht es gut. Es ist ein positives Signal. Gleichzeitig wird der Börse aber ihr Schmierstoff, das billige Geld, entzogen. Das ist schlecht. Umgekehrt bedeutet eine Zinspause oder -senkung: Es ist nicht gut um die Wirtschaft bestellt. Dafür gibt es dann aber das billigere Geld von der Notenbank, um der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Genau in diesem Spannungsfeld zwischen Hoffen und Bangen, die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt mögen anspringen und die Fed trotzdem den Geldstrom nur vorsichtig abklemmen, bewegen sich die Börsen seit vergangenem Dezember. Bisher hat es den Finanzmärkten gut getan. Doch die Gefahr ist, dass die Fed den Bogen überspannt. Denn die Börsenrallye funktioniert nur so lange, wie die Marktteilnehmer an eine volkswirtschaftliche Erholung glauben. Das heißt, wenn die Währungshüter erfolgreich vermitteln können, dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeutet.

Genau darum bemüht sich die Fed-Chefin Janet Yellen: Erst kürzlich versicherte sie wieder, die Zeit sei so gut wie reif, weitere Zinserhöhungen würden bestimmt kommen. Doch je mehr Zeit verstreicht, desto schwieriger wird es.

Fast wöchentlich melden sich Mitglieder im Gouverneursrat der US-Notenbank, die plädieren, Yellen möge endlich zur Tat schreiten. Es wird auf die guten Rückmeldungen aus der Wirtschaft verwiesen. Der Jobmarkt habe sich erholt, die Löhne seien gestiegen, heißt es. Warum handle sie also nicht? Zumal es auch erste Anzeichen von Blasenbildungen gibt, die das Billiggeld der Notenbanken gefördert hat - zum Beispiel bei den Autokrediten.

Yellen eine Gehilfin Obamas?

Doch je näher die Zinssitzungen an die Präsidentschaftswahl heranrücken, desto schwieriger wird der Plan der Fed, die Zinsen zu erhöhen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die Federal Reserve vergangene Woche lautstark beschuldigt, in die Politik einzugreifen, indem die Zinssätze niedrig blieben. Sie sollten die Wirtschaft ankurbeln und die Chancen für die Demokratin Hillary Clinton verbessern, die starke Verbindungen zur Regierung von Barack Obama hat. Die Fed sei "sehr politisch".

Trump attackierte auch die Fed-Chefin persönlich. Janet Yellen solle sich für das schämen, was sie dem Land angetan habe. Schon vor Monaten hatte er angekündigt, Yellen abzulösen, sobald er Präsident sei. Er will den Schuldenschnitt für die USA, Ausgaben erhöhen und Steuern senken. Für eine widerborstige unabhängige Notenbank hat er verständlicherweise keine Verwendung.

"Die Fed hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren in eine schwierige Lage gebracht. Sie hat immer wieder angekündigt, in Kürze die Zinsen erhöhen zu wollen, um dann im letzten Moment doch davor zurückzuschrecken. Das macht sie angreifbar, auch für Tiraden eines Donald Trump", sagt Holger Schmiedring, Chefvolkswirt der Berenberg Bank n-tv.de.

"Jetzt ist die US-Notenbank in den Wahlkampf geraten", so Schmieding weiter. Was immer sie nun tue, werde kritisiert werden. Die nächsten Termine für eine mögliche Zinserhöhung werden nicht weniger heikel sein, als der an diesem Mittwoch. Im Gegenteil: Die nächste Gelegenheit hätte die Fed am 2. November. Nur knapp eine Woche später ist Präsidentschaftswahl. Das letzte Mal in diesem Jahr werden die Geldpolitiker am 13. und 14. Dezember tagen. Dann sollte das Wahlergebnis feststehen. Es wird also nivht leichter.

Zwei Szenarien zeigen die Bredouille, in der sich die Fed befindet: Wird Trump zum nächsten US-Präsidenten gewählt und Yellen hebt die Zinsen an, wird es heißen, sie wolle ihm schaden. Heißt die nächste Präsidentin Hillary Clinton und die Fed tut nichts, wird es heißen: typisch, es sei ja auch nicht anders zu erwarten gewesen.

Fed muss klare Ansagen machen

Auch wenn die Fed nicht die einzige Notenbank der Welt ist, die ihre Zinsen niedrig hält und im Dezember immerhin schon einmal einen Zinsschritt nach oben gewagt hat, statt wie in Europa oder Japan negative Zinsen einzuführen. Ihre Lage bleibt schwierig: Sie muss vorsichtig agieren. Zu schnelle Zinserhöhungen könnten immer noch die Wirtschaft abwürgen.

Außerdem hat der US-Dollar kräftig an Wert gewonnen. Das macht die Waren aus den USA in Übersee teurer. Höhere Zinsen würden den Kursanstieg weiter anheizen. Auch die Inflation von 1,5 Prozent ist nicht dort, wo ihn die Währungshüter gerne hätten. Darüber hinaus gibt die Konjunktur in China Anlass zur Sorge.

Die Fed muss jetzt ihre Unabhängigkeit beweisen. Sie darf sich nicht in die politische Ecke drängen und so lähmen lassen. "Das beste für die Fed wäre, einen Zinsschritt für Dezember klar anzukündigen und dabei zugleich zu e‎rwähnen, dass sie nur dann auf den Schritt verzichten würde, wenn die Konjunktur unerwartet einbräche", sagt Schmieding.

Möglicherweise bereut es Yellen bereits, das Thema Zinswende im vergangenen Jahr so groß an die Glocke gehängt zu haben. Es sorgt für Druck, den sie nicht haben sollte. Die Fed hat sich durch ihr langes Warten in eine schwierige Situation manövriert. Die Frage ist:Wie lange werden sich die Börsen noch hinhalten lassen, bevor sie aus Frust Luft rauslassen?

"Sollte die Fed in diesem Jahr die Zinsen unverändert lassen, würden die Märkte dies vermutlich erst kurz feiern - und dann ‎doch eher nach unten streben aus Angst, dass die Fed erhebliche Konjunkturprobleme erwartet", warnt der Berenberg-Chefvolkswirt.Niedrige Zinssätze sind zwar schön zu haben, aber irgendwann nehmen die Finanzmarkteilnehmer der Fed einfach nicht mehr ab, dass es mit Amerika voran geht. Die Fed muss entscheiden.

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