EU-Austritt wird nicht nur für England teuer

  21 September 2016    Gelesen: 793
EU-Austritt wird nicht nur für England teuer
Neue Daten der britischen Finanzaufsicht deuten darauf hin, dass der Brexit die europäische Finanzindustrie stärker betreffen könnte als umgekehrt.
Neu veröffentlichte Daten der britischen Finanzaufsichtsbehörde zeigen, wie stark die britische und die europäische Finanzindustrie voneinander abhängen. Mehr als 8000 Finanzdienstleister mit Sitz im Europäischen Wirtschaftstraum benötigen die Binnenmarktregelungen, um in Großbritannien Geschäfte zu machen. Das berichtet die Financial Times. Umgekehrt profitieren 5500 britische Firmen davon.

Laut dem Bericht wächst in der Finanzindustrie die Angst, dass Großbritannien mit dem Brexit ebendiese Rechte verliert. „Passporting“ nennt sich im Fachjargon die Art und Weise, mit der Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter von einem europäischen Sitz aus problemlos in allen Mitgliedstaaten Geschäfte machen können. Der Brexit bedeutet voraussichtlich, dass die EU und Großbritannien zukünftig als einzelne Märkte betrachtet werden müssen.

Die Tatsache, dass es mehr Firmen gib, die auf „Passporting“ angewiesen sind um in England Geschäfte zu machen als umgekehrt, spricht dafür, dass die EU mindestens genauso viel wie England zu verlieren hat, wenn sie Englands Zugang zum Binnenmarkt einschränkt. Brüssel zeigte bislang aber keinerlei Motivation, das „Passporting“ oder eine ähnliche Regelung fortbestehen zu lassen, solange Großbritannien nicht auch die anderen Regeln akzeptiert, die eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union mit sich bringt - inklusive freiem Personenverkehr.

Laut einem Bericht der „British Bankers Association“ macht Großbritannien 40 Prozent des europäischen Fondsvolumens und 60 Prozent ihrer Kapitalmarktgeschäfte aus. „Neue Regulierungen für Firmen in Märkten, die bislang als Binnenmärkte funktionierten, werden die Kosten und Eintrittsbarrieren erhöhen und die Auswahl für Kunden verringern“, heißt es in dem Bericht. Großbritannien stelle der EU außerdem eine hohe Summe an Krediten zur Verfügung.

„Es ist schwer vorstellbar, wie wir alle unsere europäischen Kunden und die europäische Wirtschaft insgesamt bedienen sollen, wenn wir keinen Zugang zum Binnenmarkt haben“, sagte JP-Morgan-Banker Daniel Pinto der FT dazu. Die Bank hat ihren europäischen Hauptsitz mit mehr als 16.000 Mitarbeitern in England. „Unsere Kunden brauchen das „Passporting“ oder zumindest etwas anderes, das zu den selben Resultaten führt.“

Die meisten amerikanischen, japanischen und schweizerischen Banken nutzen London als zentralen Sitz um in der gesamten EU zu operieren. Seit der Brexit-Abstimmung arbeiten sie an Vorsorgeplänen, um Teile des Geschäfts außerhalb von Großbritannien anzusiedeln.



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