Lage der Deutschen Bank macht Dax-Konzernchefs unruhig

  02 Oktober 2016    Gelesen: 472
Lage der Deutschen Bank macht Dax-Konzernchefs unruhig
Besorgte Top-Manager machen sich für die Deutsche Bank stark. In den nächsten Tagen stehen Verhandlungen über die Strafe für windige Hypothekengeschäfte in Washington an.
Die dramatische Lage der Deutschen Bank ruft die Industrie im Land auf den Plan. Führende Manager großer Dax-Konzerne haben gegenüber der F.A.Z. die Bedeutung der Deutschen Bank für die Volkswirtschaft bekräftigt. „Die deutsche Industrie braucht eine Deutsche Bank, die uns in die Welt hinaus begleitet“, sagt der BASF-Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Hambrecht. Die Nationalität des Finanziers zähle auch in der globalisierten Wirtschaft: „Die Machtspiele draußen im Markt sind nicht transparent, aber sie sind da.“

Daimler-Chef Dieter Zetsche sagt: „Starke deutsche Banken sind wichtig für eine starke deutsche Wirtschaft. Diese Verbindung ist eng. Und das wird so bleiben.“ Für eine so große Exportnation wie Deutschland wäre es schlecht, „wenn wir den Zugang zu den weltweiten Kapitalmärkten nur noch über Banken in anderen Ländern sicher stellen könnten“, ergänzt Eon-Chef Johannes Teyssen. Sein Konkurrent Peter Terium (RWE) redet in dem Punkt nicht anders.

„Eine starke Wirtschaft braucht starke Banken“, sagt der Holländer. „Wenn wir auch in Zukunft im weltweiten Wettbewerb bestehen wollen, ist es für uns wichtig, einen global Player wie die Deutsche Bank an unserer Seite zu haben.“ Europas größter Tourismuskonzern, die Tui AG, verweist auf die eigenen „sehr herausfordernden Zeiten“, in denen die Deutsche Bank sich als „verlässlicher Partner“ bewiesen habe.

Chef der Deutschen Börse: „Deutschland braucht die Deutsche Bank“
In den vergangenen Tagen war die Deutsche Bank unter massiven Druck an der Börse geraten, zeitweise erreichte der Aktienkurs historische Tiefpunkte unter zehn Euro. Bundesregierung wie Konzern sahen sich gezwungen, angebliche Pläne für eine staatliche Rettung der Bank zu dementieren. Vorstandschef John Cryan appellierte an die Geduld der Mitarbeiter und verwies auf die stabile Verfassung des Konzerns, was die Lage aber nur bedingt beruhigte.

Nikolaus von Bomhard, Vorstandsvorsitzender der Munich Re, räumt ein, dass sein Konzern die aktuelle Diskussion aufmerksam verfolge und ständige prüfe, ob er die Zusammenarbeit zurückfahren muss: „Bei der Deutschen Bank gaben uns die letzten Entwicklungen keinen Anlass, unser Geschäftsvolumen zurückzunehmen.“

Hatten die Banker in der Finanzkrise noch heftig Kritik vom Rest der Wirtschaft bezogen, so sind die Top-Manager aus der sogenannten Realwirtschaft von den jüngsten Turbulenzen offenbar so aufgeschreckt, dass sie alles tun, um die Deutsche Bank zu stützen, indem sie ihre Treue zu dem Haus versichern. „Die Deutsche Bank hat eine große Tradition, ein solides Fundament – und darauf aufbauend auch eine gute Zukunft. Davon bin ich überzeugt“, sagt Daimler-Chef Zetsche.

Siemens-Chef Joe Kaeser lobt: „Das Management verfolgt die richtigen Ziele und hat unser vollstes Vertrauen.“ Ausdauer und Ruhe empfiehlt auch Carsten Kengeter, Vorstandschef der Deutschen Börse: „Deutschland braucht die Deutsche Bank.“ Am weitesten treibt es BASF-Aufseher Jürgen Hambrecht mit der Solidarität: „Wir stehen zur Deutschen Bank, ich habe gerade Aktien gekauft. John Cryan hat Vertrauen verdient.“

Option einer „vorsorglichen Rekapitalisierung“
Geholfen haben der Deutschen Bank zum Wochenausklang Meldungen, wonach die Strafen für windige Hypothekengeschäfte in Amerika geringer ausfallen als befürchtet. In den nächsten Tagen reist die Konzernspitze nach Informationen der F.A.Z. nach Washington, um in Gesprächen mit den amerikanischen Behörden die geforderten 14 Milliarden Dollar herunterzuhandeln. Die Deutsche Bank hat bisher insgesamt 5,5 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zurück gestellt, ist aber in mehrere tausend Fälle verwickelt.

Die in Amerika angedrohte hohe Zahl hatte Ängste vor einer Schieflage der Bank geweckt, und Gerüchte über eine Rettung durch den Steuerzahler provoziert. Die Regeln der Europäischen Bankenunion, auf welche die Bundesregierung sich offiziell beruft, beugen dem vor: Demnach haften Aktionäre und Gläubiger für marode Banken, Sparer mit höherem Vermögen eingeschlossen – und nicht der Steuerzahler.

Ökonomen wie der Max-Planck-Forscher Martin Hellwig erinnern jedoch an die rechtlich zulässige Option einer „vorsorglichen Rekapitalisierung“. Die erlaubt es der Politik weiterhin, Banken zu retten. Hellwig rechnet wie die Großzahl der Fachleute damit, dass die Bundesregierung im Notfall zu diesem Instrument greifen würde, sollte eine systemrelevante Bank kippen. Auch DIW-Chef Marcel Fratzscher glaubt nicht, dass die Politik es zulassen würde, dass Deutschlands einzige Bank von Weltrang untergeht – schon weil die Industrie darauf dringen würde.


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