„Verfügbarkeitsprobleme“. Man hoffe, dass die Lieferschwierigkeiten rasch ausgeräumt würden. In den Tesco-Geschäften sind die Unilever-Produkte bisher weiter verfügbar. Hintergrund des Nachschubproblems ist ein erbitterter Preiskampf, der indirekt auf den bevorstehenden Brexit zurückzuführen ist: Der Lieferant Unilever fordert von Tesco und anderen britischen Lebensmittelhändlern offenbar kräftige Preisaufschläge, denn die Furcht am Devisenmarkt vor dem Brexit hat den Pfundkurs stark fallen lassen. Viele Nahrungsmittel in britischen Regalen werden jedoch aus dem Ausland importiert.
Um Erlöseinbußen zu vermeiden, fordert Unilever nun einen Aufschlag von britischen Supermarktketten. Das Unternehmen, das zu den größten Konsumgüterherstellern der Welt zählt, verlange von den Händlern auf der Insel zehn Prozent höhere Preise, berichten britische Medien.
Der Wertverfall des Pfunds schmälert den Wohlstand der Briten
Der sogenannte effektive Wechselkurs des Pfunds ist in dieser Woche auf einen historischen Tiefstand gefallen. Er bildet ab wie sich die britische Währung gegenüber einem Bündel anderer wichtiger Währungen, mit denen Großbritannien Handel treibt, entwickelt. Die Pfund ist demnach derzeit weniger wert als während der Weltfinanzkrise vor acht Jahren und dem „Schwarzen Mittwoch“ im Herbst 1992 als die britische Währung aus dem damaligen Europäischen Währungssystem ausschied.
Gegenüber dem Euro ist das Pfund seit dem Referendum am 23. Juni um knapp 17 Prozent gefallen. Seit dem Sommer 2015 hat die britische Währung rund 30 Prozent an Wert verloren. Manche Analysten prognostizieren, dass das Pfund bis auf einen Wechselkurs von eins zu eins zum Euro fallen werde - ein Kurs, der heute bereits teilweise bei Geldwechsel-Büros an Flughäfen gestellt wird. Am Devisenmarkt notiert das Pfund derzeit bei 1,10 Euro. Die Investoren stoßen es ab, weil sie die wirtschaftlichen Risiken des EU-Austritts fürchten.
Der Wertverfall schmälert den Wohlstand der Briten, weil dadurch die Kaufkraft des Pfunds im Ausland schrumpft. Für das Vereinigte Königreich ist das besonders schmerzhaft, denn das Land importiert deutlich mehr Güter als es selbst exportiert. Das sogenannte Leistungsbilanzdefizit des Vereinigten Königreichs, das dieses Ungleichgewicht widerspiegelt, zählt zu den größten der Welt. Umgekehrt könnten allerdings britische Exporteure von der Währungsschwäche profitieren.
Probleme kommen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt
Der Streit um die Einkaufspreise zwischen Tesco und Unilever ist ein erstes konkretes Anzeichen dafür, dass eine nachhaltige Pfundschwäche für britische Verbraucher teuer würde. Es gibt aber auch Vorwürfe, dass der Lieferant Unilever den Wechselkurs nur als Vorwand nehme um seine Margen zu Lasten der Händler zu erhöhen. Denn zumindest ein Teil der Produkte werde in Großbritannien selbst hergestellt und sei deshalb wenig abhängig vom Auf und Ab der Währung.
Für die britischen Supermarktketten kommen die Probleme zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: In der Branche droht seit Jahren ein erbitterter Preiskrieg, der auch dem Marktführer Tesco schwer zu schaffen macht. Der Aktienkurs des Unternehmens fiel am Donnerstagmorgen um 3 Prozent und zählte damit zu den Schlusslichtern an der Londoner Börse.
Profitieren können Verbraucher aus dem Ausland: Durch den aktuellen Euro-Pfund-Kurs werden Waren aus England, die man in Pfund einkauft, kurzfristig für deutsche und andere europäische Kunden günstiger.
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