Mindestens 100 der 290 Mitglieder des iranischen Parlaments mit verschiedenen politischen Hintergründen waren bei der ersten Zusammenkunft der „türkischen Fraktion“ zugegen.
Neben 40 türkisch-aserbaidschanischen Parlamentariern aus dem Nordwesten Irans kamen Vertreter aus anderen Regionen Irans mit einer türkischen Population zusammen. Dazu gehören Volksvertreter aus Teheran, Schiraz und Qom. Die Abgeordneten stellen rund 34 Prozent aller Sitze im iranischen Parlament.
Es bestehen keinerlei genauen oder offiziellen Statistiken über die Zahl der türkisch-sprachigen Bevölkerung Irans. Der ehemalige iranische Außenminister Ali Akbar Salehi bemerkte 2012 bei einem Arbeitsbesuch in der Türkei:
„Rund 40 Prozent der Iraner sprechen Türkisch. Das ist eine Verbindung von großer Bedeutung zwischen der Türkei und Iran.“
Der Schritt, eine Fraktion auf Basis einer ethnischen Identität zu gründen, war gewagt. Die iranische Staatsführung ist in der Regel darauf besinnt, die ethnische Diversität im Land auf politischem Feld möglichst zu eliminieren. Das Angehen von politischen Fragen mit ethnischem Hintergrund ist nicht erlaubt.
Die neue Initiative geht allerdings auf ethnische Türken aus dem inneren Kreis des politischen Establishments der Islamischen Republik zurück. Offiziell heißt es: Sie entschieden, eine parlamentarische Gruppe zur „strategischen Verwaltung der Probleme der Regionen, die von Türken besiedelt sind“, zu gründen. Kritiker werfen der Fraktion vor, eine Marionette Teherans zu sein, um die türkische Minderheit im Land mit symbolischen Konzessionen zu besänftigen.
Themen hinsichtlich der über Jahrzehnte hinweg verneinten Kulturrechte der türkischen Minderheit fanden in jüngster Zeit verstärkt ihren Weg in die Politik. Wichtige Anstöße wurden bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2013 gelegt.
Der iranische Präsident Hassan Ruhani veröffentlichte während seines Wahlkampfs im Juni 2013 eine Stellungnahme,wonach er die Unterrichtung der iranischen Minderheiten in ihren Muttersprachen, darunter Türkisch, Kurdisch und Arabisch, unterstütze. Er betonte, dass der Artikel 15 in der iranischen Verfassung zur Regelung der Sprachrechte vollkommen umgesetzt werden müsse.
Ruhani versprach, dass Teheran unter seiner Präsidentschaft aufhören werde, Minderheitenangelegenheiten allein aus Sicherheitserwägungen heraus zu betrachten.
Bei einer wichtigen Wahlkampfrede in der mehrheitlich türkisch besiedelten Stadt Täbris 2013 versprach Ruhani, dass er in der Stadt eine aserbaidschanische Sprach- und Literaturakademie gründen werde.
Es war das erste Mal, dass zwei wichtige Forderungen von aserbaidschanischen Aktivisten und Intellektuellen in konkrete Versprechen von einem Präsidialkandidaten aufgenommen wurden.
Ruhani ist im Iran für seine Verbindungen zum nationalen Geheimdienst bekannt. Seine Annäherung an die türkische Minderheit könnte ein Hinweis für den sich wandelnden Umgang mit dieser sein. Die Gründung einer türkischen Fraktion im Parlament wäre demnach ein erster Schritt zur Realisierung von Schutzrechten der Aserbaidschaner im Land.
Andere Fraktionen unter persischen Intellektuellen sehen den Wandel hingegen skeptisch. Sie betrachten die Stärkung von Minderheitenrechte als Bedrohung für die nationale Einheit des Iran.
Befürworter argumentieren, dass eine Stärkung der einflussreichen türkischen Minderheit eine Radikalisierung ihrer politischen Forderungen präventiv entgegenkomme.
Quelle:eurasianews
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