Was Archäologen im Grab Jesu fanden

  02 November 2016    Gelesen: 660
Was Archäologen im Grab Jesu fanden
Forscher haben zum ersten Mal seit Jahrhunderten das Grab Jesu Christi geöffnet. Während Restaurierungsarbeiten setzten sie einen Stein frei, über den seit Jahrhunderten spekuliert wurde.
Für Christen weltweit gehört die Grabeskirche zu den bedeutendsten Heiligtümern. Sie glauben, dass sich dort das Grab Jesus Christus befindet, so ist es historisch überliefert. Doch archäologisch lässt sich das nicht beweisen. In der Altstadt Jerusalems lassen sich zahlreiche Felsengräber finden, die ebenso in Betracht kommen könnten. Nun konnten Forscher erstmals seit Jahrhunderten das Grab von Jesus öffnen – und Datenmaterial sammeln.

60 Stunden lang durften Forscher die heilige Stätte untersuchen. Seit mindestens dem Jahr 1555, vielleicht auch weitere Jahrhunderte früher, ist die Grabanlage, die sich unterhalb der Grabeskapelle befinden soll, durch Marmorplatten verdeckt gewesen, schreibt das US-Fachmagazin „National Geographic“.

Das Grab befindet sich innerhalb der Kapelle unweit der Kreuzigungsstätte Golgota und wird von einer Gruft aus dem 18. Jahrhundert umschlossen, die wiederum von Marmorplatten geschützt wird. Diese sollen Pilger davon abhalten, Teile der darunterliegenden Gruft aus Kalkstein abzubrechen und als Souvenir mit nach Hause zu nehmen.

Die erste Inspektion des Ortes führte ein Team der Nationalen Technischen Universität aus Athen am 26. Oktober durch. Dabei setzte es auf Infrarotkameras, Laserscanner und Radar.

Nach dem Entfernen der Platten erblickten die Forscher zunächst nur jede Menge Füllmaterial. Im weiteren Verlauf ihrer Arbeit legten sie am 28. Oktober jedoch eine weitere Marmorplatte und einen Kalkstein frei, auf dessen Oberfläche ein Kreuz graviert war. Der Überlieferung nach soll Jesus nach seinem Tod auf einen solchen Stein gelegt worden sein. „Über diesen heiligen Stein wurde seit Jahrhunderten berichtet, aber erst jetzt kann man ihn sehen“, sagte die leitende Ingenieurin Antonia Moropoulou. Es sind die Überbleibsel des ursprünglichen Grabes.

Der Fund begeistert die Archäologen: „Meine Knie haben etwas gezittert, weil ich nicht damit gerechnet habe“, sagte Fredrik Hiebert. „Wir können es nicht zu 100 Prozent sagen, aber unser Fund scheint ein sichtbarer Beweis dafür zu sein, dass der Ort des Grabs über die Zeit hinweg unverändert geblieben ist.“ Zwar sind viele Gelehrte überzeugt, dass die Kapelle auf dem Ort steht, wo Jesus Christus gekreuzigt und begraben wurde, doch auch andere Orte wurden im Laufe der Zeit in Betracht gezogen.

Das Team restauriert die auch Ädikula genannte Grabeskapelle, da sie derzeit einsturzgefährdet ist und durch Stahlträger gestützt werden muss. Im Zuge der Forschungen legten sie eine der Mauern der Gruft frei. Dazu schnitten sie ein Fenster in eine der Innenwände. Im Zuge der Arbeiten konnten sie bestätigen, dass die Gruft aus dem 18. Jahrhundert stammt.

Die Frage, ob es sich bei dem freigelegten Grab um das von Jesus Christus handelt, können Archäologen nicht beantworten. In den vier Evangelien, die im Neuen Testament das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus erzählen, ist die Rede davon, dass Jesus in einem Felsengrab beerdigt wurde, das dem reichen Juden Josef von Arimathäa gehörte.

Archäologen haben dem Bericht zufolge Tausende derartige Felsengräber rund um Jerusalem ausfindig gemacht. Jedes dieser Familiengräber hätte eine oder mehrere Kammern, sodass mehrere Körper separat darin Platz finden konnten.

Der Fund passt dem Archäologen Jodi Magness zufolge zu den Erkenntnissen, die bislang über die Beerdigungssitten von wohlhabenden Juden in der Zeit von Jesus bekannt sind. Das beweise zwar nicht, dass das Ereignis in der Grabeskirche historisch war. Aber es lege nahe, dass die Quellen, die den Evangelien zugrunde liegen, mit den Traditionen und Begräbnissitten vertraut waren. Zudem zeige es, dass die Region rund um die Grabeskirche irgendwann einmal ein jüdischer Friedhof war, der zu Zeiten von Jesus außerhalb der Mauern von Jerusalem lag.

Ein ehemaliger Stadtarchäologe von Jerusalem, Dan Bahat, geht noch einen Schritt weiter: Man könnte zwar nicht ganz sicher sein, dass die Grabeskirche wirklich der Ort sei, wo Jesus begraben wurde, aber es gebe keine andere Stätte, die einen stärkeren Anspruch geltend machen könne. „Wir haben keinen Grund, die Authentizität dieser Stätte zurückzuweisen.“

Bevor das Felsengrab wieder verschlossen wurde, untersuchten die Archäologen insbesondere die Oberfläche des sich unter dem Füllmaterial befindenden Steines. Die Restaurierung der Grabeskapelle wird weitere fünf Monate in Anspruch nehmen. Die Auswertung der Daten, die dabei gesammelt werden, könnten weitere Erkenntnisse über die Geschichte des Felsengrabes offenbaren.

Quelle : welt.de

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