Gold an der Hauswand, nichts in der Tasche

  04 November 2016    Gelesen: 584
Gold an der Hauswand, nichts in der Tasche
Die Veddel ist einer der ärmsten Stadtteile Hamburgs. Ausgerechnet hier will ein Künstler eine Hauswand vergolden - für 85.000 Euro. Es ist ein Streit mit Ansage.
Gerade schaut die Welt auf die endlich fertiggestellte Elbphilharmonie im Hamburger Hafen. Die Elbinsel Veddel, nur wenige Autominuten von hier entfernt, leidet dagegen unter chronischem Aufmerksamkeitsmangel. Hier leben die meisten Sozialhilfeempfänger Hamburgs. Der Künstler Boran Burchhardt will nun den Fokus auf das Viertel lenken - mit einer Aktion, die mächtig provoziert.

Burchhardt plant, die Wand eines Wohnhauses zu vergolden. Material: 23,5 Karat Doppelrollengold. Kostenpunkt: 85.000 Euro. Das Geld wird aus einem Topf für Kunst im öffentlichen Raum kommen, den die Hamburger Kulturbehörde stellt. Es handelt sich also um Steuergeld. Die Arbeiten sollen im März 2017 beginnen und zwei Monate dauern.

Sein Anliegen beschrieb Burchhardt gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: "Der Sinn des Projektes ist Kommunikation". Es gehe darum, Wirkung zu erzielen für einen Stadtteil, der sonst oft in einem negativen Kontext auftauche. Aus der Kunstszene habe er schon viele positive Rückmeldungen bekommen.

Viele negative Rückmeldungen gibt es aber auch. Nach Ansicht des SPD-Vizefraktionschefs in Hamburg-Mitte, Klaus Lübke, passt die Vergoldung der Hauswand überhaupt nicht zum Stadtteil und ist überflüssig. Auch Michael Osterburg, Grünen-Fraktionschef im Bezirk Mitte, monierte: "Das ist ein falsches Zeichen".

Besonders deutlich äußerte sich am Donnerstag Sabine Glawe vom Bund der Steuerzahler. "Es ist kaum zu glauben, wofür in unserer hoch verschuldeten Stadt plötzlich Geld da ist", sagte sie. Solange viele soziale Einrichtungen aus finanziellen Gründen von der Schließung bedroht seien, sei das Projekt "Hohn gegenüber den hilfsbedürftigen Menschen dieser Stadt".

Die Eigentümerin des Gebäudes, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga GWG, stimmt der Aktion dagegen zu. Sprecher Michael Ahrens sagtegegenüber der Zeitung "Die Welt": "Kunst und Kultur bringen Menschen zusammen, regen zu Diskussionen an und stärken die Identifikation mit dem Quartier."

Boran Burchhardt ist seit 1. Januar 2016 "Quartierskünstler auf der Veddel", ein Stipendium, das die Saga seit 2006 vergibt. In der Ausschreibung dafür heißt es: "Die Ausloberin erwartet, dass der/die Preisträger/in sich mit dem Stadtteil beschäftigt, diesen künstlerisch reflektiert und die Bewohner und Bewohnerinnen in den künstlerischen Prozess aktiv einbindet." Zumindest für Aufmerksamkeit hat Burchhardt schon einmal gesorgt.

Quelle : spiegel.de

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