Das ist auch kein Wunder: Das heutige „Renzirendum“ in Italien gilt als Schicksalswahl für Europa, speziell für die Eurozone. In so einer Situation möchte kein Profi auf dem falschen Fuß erwischt werden, weshalb in der zweiten Wochenhälfte auch forciert abverkauft wurde. Schließlich ist die Finanzwelt in den vergangenen Monaten zwei Mal – beim Brexit-Votum und bei der Trump-Wahl – im Vertrauen auf die Prognosefähigkeiten der Demoskopie auf dem falschen Fuß erwischt worden.
Dazu kommt, dass das Verfassungsreferendum in Italien vom Markteinfluss her eine deutlich größere Bedeutung hat. Hier geht es nicht um kurzfristige Marktverwerfungen, die bald wieder der Normalität weichen. Hier geht es darum, ob eine der großen Volkswirtschaften Europas destabilisiert wird und damit die Eurozone in langfristige Turbulenzen schickt. Da sind selbst hartgesottene Spekulanten lieber auf der sicheren Seite.
Wie nervös die Märkte im Vorfeld sind, merkt man schon daran, dass selbst die für die internationalen Kapitalmärkte relativ unbedeutende Bundespräsidentenwahl in Österreich alle möglichen Analysten in Europa ins Grübeln brachte. Nicht, weil ein österreichischer Präsident internationale Finanzmärkte wesentlich beeinflussen könnte. Sondern weil die Wahl ein bisschen als Stimmungsbarometer für die europäische Entwicklung gilt.
Es könnte also durchaus sein, dass am Montag an den Börsen buchstäblich der Bär los ist. In einer derartigen Situation ist äußerste Zurückhaltung die beste Börsenstrategie. Zumal die Luft ja auch jenseits des Atlantiks äußerst dünn geworden ist. Der Dow-Jones-Index hat nach seinem beeindruckenden Durchmarsch auf das Allzeithoch durchaus Rückschlagpotenzial. Die Technologiebörse Nasdaq konsolidiert schon ein wenig, was auf dem Trump-Effekt auf Technologieaktien fußt. Das Verhältnis des gewählten US-Präsidenten zum Silicon Valley zeichnet sich ja nicht gerade durch besondere wechselseitige Hochachtung aus. Goldman Sachs warnte in der abgelaufenen Woche vor zu großen Erwartungen an den US-Markt. Spätestens im Frühjahr 2017 könnte die übertriebene Hoffnung, auf der die Dow-Jones-Rallye beruhe, in Furcht übergehen. Das könnte eine längere Flaute auslösen.
Wie gesagt, der beste Tipp, den man jetzt, im Vorfeld des Italien-Referendums geben kann, ist abwarten, bis sich die Nebel verziehen.
Wer es dennoch riskieren will, für den seien hier ein paar Profi-Empfehlungen erwähnt. In Deutschland macht derzeit beispielsweise die Aktie des Windkraftanlagenbauers Nordex (ISIN DE000A0D6554) unter Analysten Furore. Zuletzt hat HSBC eine Kaufempfehlung mit Kursziel 25 Euro ausgegeben. Was bei einem aktuellen Kurs von 19 Euro viel Potenzial bedeutet. Noch höher, nämlich auf 31 Euro, schätzt Goldman Sachs das (allerdings neulich reduzierte) Kursziel ein. Die Commerzbank legt noch etwas nach und schätzt die Chancen auf 37 Euro. Vordergründig ist das ein bisschen seltsam, denn Nordex hat in den vergangenen zwölf Monaten fast 37 Prozent an Wert verloren. Und das Unternehmen selbst hat zuletzt eine eher verhaltene Prognose gestellt. Aber offenbar halten die Analysten die Kursverluste der vergangenen Monate für überzogen und rechnen mit einer Gegenreaktion. Riskant bleibt es allemal.
Ähnliches gilt auch für den hier schon einmal besprochenen skandinavischen Insulinhersteller Novo Nordisk (ISIN DK0060534915) Auch er war in den vergangenen Monaten im Sturzflugmodus unterwegs und hat dabei offenbar ein wenig übertrieben. Kaufempfehlungen gab es zuletzt von Goldman Sachs (Ziel 310 Dänenkronen) und von der Deutschen Bank (Ziel 327 Kronen). Aktuell ist Novo Nordisk um 237 Kronen zu haben.
Eine Kaufempfehlung hat die Schweizer Großbank UBS für Titel von Royal Dutch Shell (ISIN GB00B03MM408) veröffentlicht. Das Kursziel von 2250 Pence liegt nicht dramatisch über dem aktuellen Kurs. Aber der Ölkonzern profitiert vom wiedererstarkten Ölpreis, ist dividendenstark und hat, so die UBS, nach der Übernahme der BG-Group ein merkbar erhöhtes Cash-flow-Potenzial.
Tags: