Im Rahmen des Geschäfts wird Air Berlin auch das ungeliebte touristische Geschäft los. Die Golf-Airline Etihad gründet dafür zusammen mit dem deutschen Partner Tui aus Hannover einen neuen Airlineverbund aus Tui, Etihad und der ehemaligen Air-Berlin-Tochter Niki. Durch den Teilausstieg bei Niki kann sich Air Berlin - wie im Herbst angekündigt - künftig stärker auf das Langstreckengeschäft konzentrieren.
Etihad überweist für Niki-Anteile
"Mit der Transaktion vereinfachen wir unser Geschäftsmodell, machen uns unabhängiger von saisonalen Flugzielen und verbessern unsere finanzielle Situation", erklärte Airline-Chef Stefan Pichler. Fast nebenbei fließen so dringend benötigte 300 Millionen Euro in die Kassen von Air Berlin, die der chronisch klammen Fluggesellschaft über den Winter helfen, in dem traditionell Verluste eingeflogen werden.
Mit dem Geschäft nimmt auch die neue Ferienfluglinie von Etihad und Tuifly aus Hannover Gestalt an. Etihad werde sein Aktienpaket an Niki in diese Airline einbringen und ein Viertel der Anteile erhalten, hieß es. Der neue Verbund soll insgesamt gut 60 Flugzeuge stark werden, 20 von der Air-Berlin-Tochter Niki und 40 von Tuifly. Der Erstflug soll im April abheben.
Abschied vom einstigen Kerngeschäft
Wichtigster Nebeneffekt aus der Sicht der Air-Berlin-Kunden: Die Fluggesellschaft gibt durch den komplexen Etihad-Deal ihr einstiges Kerngeschäft auf. Air Berlin überträgt einen Teil ihrer Mittelmeerflüge an Niki, darunter auch Verbindungen in Tourismus-Hochburgen wie etwa Palma de Mallorca. Mit Flügen auf die Ferieninsel war Air Berlin im Jahr 1979 ins Airline-Geschäft gestartet.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen von Etihad und Tuifly soll mit Beginn des Sommerflugplans Ende März 2017 den Flugbetrieb aufnehmen. Air Berlin steuert dabei durch den Niki-Rückzug vor allem begehrte Start- und Landerechte bei. Dabei handelt es sich um die sogenannten Slots für Ziele in Südeuropa einschließlich der Kanarischen Inseln und Madeira, in Nordafrika und der Türkei, aber nicht in Italien.
Im Gegenzug will sich Air Berlin verstärkt auf ein ganzjähriges Geschäftsreiseangebot in Deutschland, Italien, den Nordischen Ländern und Osteuropa konzentrieren. Ebenfalls ab Sommerflugplan sollen 40 Air-Berlin-Jets für die Lufthansa, und da hauptsächlich für deren Low-Cost-Tochter Eurowings, fliegen. Das Langstreckengeschäft inklusive der aktuell acht Destinationen in den USA, der Ziele in der Karibik sowie Abu Dhabi als Drehkreuz des Airline-Partners Etihad Airways bleiben weiterhin ein wesentlicher Bestandteil des Air-Berlin-Netzwerks.
Saftige Vergütung für Air Berlin
Branchenkennern zufolge kommt die Niki-Transaktion einer weiteren Stützungsmaßnahme durch den Air-Berlin-Großaktionär Etihad gleich: Die finanzstarke Fluggesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hatte Air Berlin bereits mit über 1 Milliarde Euro aus der Patsche geholfen. Die im Ölemirat Abu Dhabi sitzende Etihad hält 29 Prozent an Air Berlin.
Der Preis von 300 Millionen für knapp die Hälfte der Niki-Anteile erscheint vielen Experten als bemerkenswert hoch. An der Börse ist Air Berlin selbst derzeit nur 68 Millionen Euro wert. Vor einigen Jahren etwa verkauften die Berliner ihr Vielfliegerprogramm Topbonus an Etihad, auch das zu einem sehr hohen Preis. Für die neue Geldspritze bekommt Etihad mit Niki einen etablierten Ferienflieger, der 2003 nach der Insolvenz der Aero Lloyd vom ehemaligen österreichischen Formel-1-Piloten Niki Lauda gegründet wurde. Air Berlin stieg 2004 ein und stockte ihren Anteil nach und nach auf.
Noch liegt das Geschäft nicht in ganz in trockenen Tüchern: Die Zustimmung der Wettbewerbshüter steht noch aus. Zu Wochenbeginn stimmte jedoch auch der Etihad-Aufsichtsrat der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens zu, an dem die Araber 25 Prozent und die Tui AG 24,8 Prozent halten soll, während die restlichen 50,2 Prozent bei der Niki Privatstiftung verbleiben. Zuvor hatte bereits der Tui-Aufsichtsrat seine Zustimmung gegeben.
Für die Tui AG, den Tourismuskonzern aus Hannover, ging es Experten zufolge um viel. Bislang seien 14 Jets der Tuifly für Air Berlin zu "generösen Konditionen" im Einsatz gewesen, heißt es. Ohne diese Einnahmen hätte sich Tui eine eigene Airline, die ihr höhere Flexibilität im touristischen Geschäft verleiht, womöglich nicht mehr leisten können. Bei der Belegschaft der Tuifly stieß das Vorhaben indes auf Skepsis. Kurz nach Bekanntwerden der Pläne Anfang Oktober häuften sich bei dem Charterflieger die Krankmeldungen in solchem Umfang, dass der Flugbetrieb für einige Tage eingestellt werden musste.
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