Darum flüchtet McDonald’s nach Großbritannien

  10 Dezember 2016    Gelesen: 768
Darum flüchtet McDonald’s nach Großbritannien
Kreativer Steuern vermeiden: McDonald’s verlegt seine Zentrale von Luxemburg nach London. Aber warum genau kann Luxemburg seine Steuervorteile nicht mehr aufrecht erhalten? Wir erklären die Hintergründe.
Der amerikanische Fastfoodkonzern McDonald’s verlegt seine Zentrale für alle Märkte außerhalb der Vereinigten Staaten von Luxemburg nach Großbritannien. Verknüpft mit dem Umzug ist eine neue Holdingstruktur des Konzerns. Die neue Holding, die die Einnahmen aus dem globalen Franchise-Geschäft des Unternehmens einsammelt, werde diese künftig in Großbritannien versteuern, hieß es in einer Mitteilung. Die britische Premierministerin Theresa May begrüßte die Ankündigung. „Wir heißen dauerhafte Investitionen von Unternehmen aus der ganzen Welt willkommen, besonders wenn sie Wachstum sichern und Arbeitsplätze schaffen“, ließ May mitteilen.

Als Grund für den Umzug gab McDonald’s die hohe Zahl seiner in London stationierten Mitarbeiter an. Das Hauptmotiv dürften aber steuerliche Überlegungen sein. Denn es zeichnet sich ab, dass Luxemburg die dem Unternehmen bisher gewährten Steuervorteile nicht mehr aufrechterhalten kann und will. Mehr noch: Wegen eines laufenden EU-Beihilfeverfahrens gegen Luxemburg muss der Konzern voraussichtlich Unternehmensteuern von über einer Milliarde Euro nachzahlen. Die EU-Kommission hat das Verfahren vor einem Jahr eröffnet. Nach ihren vorläufigen Erkenntnissen hat es Luxemburg dem Unternehmen in einem sogenannten Steuervorbescheid („tax ruling“) ermöglicht, im Großherzogtum trotz hoher Gewinne keine Körperschaftsteuer zu zahlen. McDonald’s sei dadurch „selektiv“ gegenüber anderen Unternehmen bevorzugt worden, lautet der Brüsseler Vorwurf. Luxemburgische Behörden hatten dem Unternehmen 2009 in zwei Vorabbescheiden mitgeteilt, es müsse in jenem Jahr keine Körperschaftsteuer entrichten. Grundlage für den ersten Bescheid war die Vermutung der Behörden, dass McDonald’s seine in die Vereinigten Staaten transferierten Gewinne gemäß einem Doppelbesteuerungsabkommen mit Amerika dort versteuere.

Im ersten Bescheid hatten die Behörden ihre Zusage ausdrücklich an einen entsprechenden Nachweis von McDonald’s geknüpft. Anders als vermutet, waren die Gewinne in den Vereinigten Staaten aber nicht steuerpflichtig, so dass die Grundlage für die Zusage entfiel. Das Unternehmen teilte dies den Behörden auch mit, drang aber in einem zweiten Antrag dennoch darauf, von der Steuerpflicht in Luxemburg freigestellt zu werden. Die Behörden gaben diesem Antrag statt und stellten fest, das Unternehmen müsse im Großherzogtum keine Steuern zahlen. Folglich fielen trotz eines dreistelligen Millionengewinns in beiden Ländern keinerlei Steuern an. Diese Praxis hat sich nach Kommissionsangaben in den Folgejahren wiederholt, so dass das Unternehmen seit 2009 keine Steuer mehr bezahlt habe.

Sollte sich der Brüsseler Anfangsverdacht bestätigen, müsste McDonald’s in Luxemburg - ähnlich wie Apple in Irland - in erheblichem Umfang Steuern nachzahlen. Hinzu kommt, dass Luxemburg in den kommenden Jahren generell als Unternehmensstandort deutlich unattraktiver werden dürfte. Denn das Großherzogtum will seinen Ruf als Steueroase loswerden. Die Regierung will den Umfang der „Steuerdeals“ erheblich reduzieren und sich dem auf G-20-Ebene vereinbarten Aktionsplan gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) anschließen. Die BEPS-Initiative, der die EU-Kommission in der EU eine verbindliche Gesetzgebung folgen lassen will, soll möglichst viele Steuerschlupflöcher schließen.

Für McDonald’s büßt Luxemburg damit fast alle Attraktivität ein. Andere als steuerliche Gründe für die Ansiedlung im Großherzogtum hatte das Unternehmen ohnehin nie. Warum aber der Umzug nach London? Auch die Briten unterstützen die BEPS-Initiative, so dass der Konzern nicht automatisch ein neues Schlupfloch in Großbritannien finden wird. Eine Erklärung könnten die Steuersätze sein, die schon jetzt mit 20 Prozent unter dem Durchschnitt der wichtigsten Industrieländer liegen und bis 2020 auf 17 Prozent sinken sollen. Die Sätze allein können es indes auch nicht sein, sind sie doch in Irland mit 12,5 Prozent noch einmal niedriger.

Britische Medien spekulieren daher, nach der Beihilfeentscheidung der EU-Kommission, mit der Apple im August zu einer Steuerrückzahlung von rund 13 Milliarden Euro an den irischen Staat verdonnert wurde, habe der Ruf Irlands als Unternehmensstandort gelitten. Und während Irland sich als EU-Mitglied weiter den Brüsseler Entscheidungen beugen müsse, werde sich das Vereinigte Königreich nach dem Brexit davon befreien.


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