Warum Sex? Und warum dafür eigene Zellen?

  22 Dezember 2016    Gelesen: 582
Warum Sex? Und warum dafür eigene Zellen?
Die Reproduktionsweise der höheren Tiere wehrt zweierlei ab: Parasiten von außen und Mutationen innen.
Dass es Sex gibt, ist eines der großen Mysterien der Biologie. Nun kommt ein zweites, verwandtes hinzu: Warum haben höhere Tiere spezialisierte Zellen für Sex, niedere Tiere und Pflanzen aber nicht? Sexuelle Reproduktion ganz generell ist verschwenderisch: Nur die halbe Population kann sich fortpflanzen. Bei Lebewesen, die sich asexuell reproduzieren, können das alle. Sex ist also teuer, er muss große Vorteile mit sich bringen.

Welche? Es gibt nur Hypothesen, Dutzende, man hat sie in drei Gruppen geordnet: „The good, the bad and the ugly.“ Das potenzielle Gute ist die Vielfalt durch die Kombination von zwei Gensätzen, beim Bösen geht es auch um die Kombination, sie soll verderbliche Mutationen wegschaffen. Und das Hässliche? Das sind Parasiten, zu ihrer Abwehr müssen Genome ständig geändert werden.

Bestätigung für diesen Rüstungswettlauf hat Stuart Auld (Stirling) gefunden, an Wasserflöhen. Sie können beides, sich sexuell und asexuell mehren, in jedem Fall sind sie von einem Bakterium bedroht, das sie steril macht. Das wird von sexuell produziertem Nachwuchs viel besser abgewehrt, Auld hat es experimentell gezeigt (Proc. Roy. Soc. B, 21. 12.).

Trennung von Soma und Keimbahn

Kein Experiment kann erhellen, warum höhere Tiere – und wir auch – für die Reproduktion besondere Zellen haben, die der Keimbahn (Eizellen, Sperma). Wir bringen sie mit, wenn wir geboren werden, Frauen haben dann alle Eizellen, Männer die Vorläufer der Spermien. Alle sind strikt getrennt von den übrigen Körperzellen, denen des Somas. Bei Pflanzen und niederen Tieren, Korallen etwa, ist es anders: Auch sie mehren sich sexuell, haben aber keine Zellen auf Vorrat, sondern wandeln bei Bedarf Soma- in Keimbahnzellen um.

Warum ist es bei uns anders? Auch hier gibt es nur Hypothesen, nun kommt eine neue: Es geht darum, dass ein Teil des Genoms vor Mutationen geschützt wird, das mitochondriale (mt). Das ist winzig im Vergleich zu jenem im Zellkern, es ist aber lebensnotwendig, von ihm kommen die Kraftwerke der Zellen. Und es teilt sich viel öfter als das Kerngenom, die Mutationsgefahr ist größer. Deshalb wird alles stillgestellt, in den Eizellen. Beim Sperma ist es anders, es wird immer wieder produziert, mit Mutationsrisiko (nur die Vorläuferzellen sind gleich).

Aber mt-DNA aus Sperma kommt nicht in befruchtete Eizellen, sie haben Mitochondrien nur von der Mutter. Das ist einer der Hinweise, die Nick Lane (London) zusammengetragen hat (PLoS Biology, 20. 12.): Für ihn kam die Trennung von Soma und Keimbahn in der kambrischen Explosion vor 550 Millionen Jahren, sie brachte bewegliche Tiere. Sie brauchten mehr Energie, also mehr Mitochondrien, das erhöhte das Mutationsrisiko: „Um es zu vermeiden, wurde eine spezialisierte Keimbahn abgesondert.“

Quelle:diepresse

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