Tupolew-Tragödie: Russland trauert um weltberühmten Alexandrow-Chor

  26 Dezember 2016    Gelesen: 1392
Tupolew-Tragödie: Russland trauert um weltberühmten Alexandrow-Chor
Beim Absturz der Tupolew-Maschine (Tu-154) über dem Schwarzen Meer bei Sotschi sind über 60 Mitglieder des legendären Alexandrow-Ensembles ums Leben gekommen, das weltweit auch als Chor der Roten Armee bekannt ist. Die russische Zeitung „Kommersant“ erinnert am Montag an Schaffen und Bedeutung des Ensembles.
Die Geschichte des Alexandrow-Chors begann vor fast 90 Jahren. Während Namen und Leiter des Ensembles wechselten, blieben Auftrag und Anhängerschaft unverändert. Jetzt wurde sie auf tragische Weise unterbrochen: Der Chor muss nach dem herben Verlust durch den Flugzeugabsturz nun völlig neu gebildet werden.

Der erste künstlerische Leiter des Armeechors, Alexander Alexandrow (geb. 1883), der einst der Hymne der Sowjetunion eine Melodie verlieh und selbst später mehrere Staatsauszeichnungen verliehen bekam, begann seine Karriere als Chorsänger im Kirchenchor und bei Feiertagen im Dorf und bekam eine hochklassige Ausbildung am Moskauer sowie Petersburger Konservatorium im zaristischen Russland. Nach dem Hochschulabschluss in Moskau wollte das Bolschoi-Theater ihn verpflichten, doch er nahm 1918 die Einladung des Patriarchen Tichon zum Chorregent in der Christ-Erlöser-Kathedrale an.



1928 gründete Alexandrow das Gesangs- und Tanzensemble der Roten Armee. Bei seinem ersten Konzert bestand der Armeechor nur aus zwölf Mitgliedern. Das Vorhaben erfreute sich schnell großer Beliebtheit. Das Ensemble wurde deutlich größer, reiste oft auf Tourneen, auch ins Ausland. 1937 wurde der Armeechor bei der legendären Expo in Paris, bei der der sowjetische Pavillon mit der 24 Meter hohen Plastik „Arbeiter und Kolchosbäuerin“ vertreten war, mit dem „Grand Prix“ ausgezeichnet.

Am 24. Juni 1941, zwei Tage nach Beginn des Großen Vaterländischen Kriegs, wurde in den Zeitungen „Iswestija“ und „Krasnaja Swesda“ das Werk des Dichters Wassili Lebedew-Kumatsch „Steh auf, Du riesengroßes Land“ veröffentlicht, Alexandrow komponierte dazu umgehend die Melodie. Für Text und Noten blieb keine Zeit, er schrieb sie einfach an die Tafel, die Musiker des Ensembles schrieben sie dann in ihre Hefte und sangen sie einen Tag später am Moskauer Belorusski-Bahnhof.



Der Armeechor war die gesamte Kriegszeit über zu Gastspielen unterwegs, trat in den Kriegsgebieten Afghanistan, Jugoslawien, Transnistrien, Tadschikistan und Tschetschenien auf.

Im Februar 1945 sang der Chor bei der Jalta-Konferenz vor Stalin, Roosevelt und Churchill auf der Krim. Der britische Premier nannte den Armeechor nach dem Konzert eine „singende Waffe“. Im nächsten Jahr verstarb Alexandrow auf der Bühne, während eines Konzerts in Berlin.

Die folgenden 40 Jahre wurde der Chor von Alexandrows Sohn Boris geleitet. In dem Ensemble waren auch seine anderen Söhne und Enkel tätig. Boris leitete das Ensemble 1948 auch bei seinem einzigartigen Konzert auf dem Gendarmenmarkt in Berlin. Die Idee, ein Konzert in einer bereits in Besatzungszonen geteilten Stadt abzuhalten, wo es allerdings noch Bewegungsfreiheit gab, stammte von einem US-Offizier, französische, britische und sowjetische Militärs unterstützten die Initiative. In einer fast völlig zerstörten Stadt gab es keine passenden Säle und das Konzert wurde unter freiem Himmel gegeben.



Lange Jahre war der Alexandrow-Chor eines der Symbole der Sowjetunion und des heutigen Russlands. Seine Auftritte ähnelten der Zusammenstellung eines aus.

Dabei merkte wohl kaum jemand, wie bahnbrechend die Lösungen seines Gründers waren: In den Auftritten des Chors wurden Opern-Arien, Folklore-Elemente und Traditionen kirchlicher Gesänge kombiniert. Neben dem Männer-Chor gehörten auch ein Orchester aus symphonischen und Volksinstrumenten sowie Tänzer zum Ensemble. Die berühmtesten Lieder „Kalinka-Malinka“ und „Smugljanka“ wurden in ihrer Aufführung weltweit bekannt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion verschwand der ideologische Hintergrund, doch der Chor blieb weiterhin ein wichtiges Element der kulturellen Expansion. Es gab Kooperation mit der finnischen Band Leningrad Cowboys, mit den Beatles vielen mehr. Der Chor interpretierte auch das „James Bond“-Titellied „Skyfall“ von der britischen Sängerin Adele neu.

Quelle:sputniknews

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