Warum die Tat nicht verhindert werden konnte, obwohl Anis Amri den Behörden bis hin zum Terrorabwehrzentrum bekannt war, werde aufgearbeitet. „Es wird in den nächsten Tagen einen Bericht aller beteiligten Behörden geben, in dem sehr exakt noch einmal dargestellt wird, wer hat wann was gemacht und was entschieden“, kündigte der Minister an.
Bei dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche mit einem Lastwagen waren zwölf Menschen ums Leben gekommen.
Derweil hat CDU-Parteivize Thomas Strobl vor der am Freitag beginnenden CDU-Vorstandsklausur eine unbeschränkte Abschiebehaft für Gefährder und Kriminelle gefordert. Der Plan von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU), einen neuen Abschiebe-Haftgrund für Gefährder mit einer gesetzlichen Höchstdauer von 18 Monaten, reicht aus Sicht Strobls nicht aus..
Der Innenminister von Baden-Württemberg sagte der Zeitung „Welt“ (Freitag): „Wer seine Identität verschleiert und täuscht, wer kriminell ist, wer in der Gefährderszene unterwegs ist, muss sofort aus dem Asylverfahren herausgenommen werden. Ende und Aus. Bis zur Ausreise müssen diese Leute in Abschiebehaft.“ Auf die Frage, ob die gesetzliche Befristung fallen soll, antwortete er: „Ganz klares Ja.“
Wie umgehen mit den Herkunftsländern?
Länder, die sich weigerten, ihre eigenen Staatsbürger zurückzunehmen, will Strobl mit Geld locken, aber auch unter Druck setzen. Dafür schlägt er vor, Visa-Erschwernisse in Betracht zu ziehen. „Wenn das hilft, zu einem Verhandlungserfolg zu kommen, dann sollte man auch darüber nachdenken.“ Der aus Tunesien stammende Berliner Attentäter Anis Amri hatte trotz Ablehnung seines Asylantrags nicht abgeschoben werden können, weil sein Land zunächst keine Ersatzpapiere ausgestellt hatte.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich unterdessen gegen die ebenfalls diskutierte Streichung von Entwicklungshilfe aus. „Natürlich müssen die Länder mit uns kooperieren. Aber wenn sie es nicht tun, ist es keine Lösung, einfach Entwicklungshilfe zu streichen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). Zuvor war bereits Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) entsprechenden Forderungen von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) entgegengetreten.
Marokko, Algerien und Tunesien
In der Auseinandersetzung um die Anerkennung Marokkos, Algeriens und Tunesiens als sichere Herkunftsländer forderte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) SPD-Chef Sigmar Gabriel auf, die SPD-Ministerpräsidenten „auf Linie“ zu bringen. Das Koalitionsvorhaben wird bisher im Bundesrat von den Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen blockiert, mit Ausnahme des grün-schwarz regierten Baden-Württemberg.
„Wir haben unsere grünen Partner in Baden-Württemberg davon überzeugt. Nun muss auch die SPD in den von ihr regierten Ländern dafür sorgen, dass eine Mehrheit dafür im Bundesrat zustande kommt“, sagte Kauder der Zeitung „Rheinische Post“ (Freitag). „Da sehe ich SPD-Parteichef Sigmar Gabriel in der Pflicht, seine Ministerpräsidenten etwas mehr auf Linie zu bringen.“
Wissenschaftler fordert mehr Perspektiven für junge Nordafrikaner
Unterdessen hat der Sozialwissenschaftler Mimoun Berrissoun (30), Gründer der Initiative „180-Grad-Wende“, mehr Perspektiven für junge Nordafrikaner in Deutschland gefordert. Viele von ihnen würden kriminell, weil sie in Deutschland nicht legal arbeiten dürften und damit keine Perspektive hätten, sagte Berrissoun in Köln. Das nutzten dann wiederum nordafrikanische Berufskriminelle, die die gestrandeten jungen Männer für ihre Diebesbanden rekrutierten. „Die sagen denen: „Ihr könnt sowieso nichts anderes machen als stehlen““, sagte Berrissoun.
Er schlug vor, geduldete Nordafrikaner unter bestimmten Bedingungen doch arbeiten zu lassen, zum Beispiel wenn sie eine bestimmte Zeit nicht straffällig geworden seien und Deutsch sprächen.
„Positives Verhalten könnte mit einem Aufenthaltsrecht belohnt werden“, schlug er vor. In jedem Fall müsse etwas geschehen, um die jungen Nordafrikaner von der Straße zu holen. „Denn viele von ihnen werden letztlich doch nicht abgeschoben werden, schon weil der Aufwand oft viel zu groß ist. Egal was die Politiker jetzt sagen: In der Praxis wird ein großer Teil bleiben“, glaubt Berrissoun. „Wenn nichts passiert, sind die in der nächsten Silvesternacht wieder in Köln.“
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