Danach gibt es im jährlichen Durchschnitt weltweit 46 Blitze pro Sekunde, im Sommer auf der Nordhalbkugel steigt diese Zahl sogar auf 60 Blitze pro Sekunde. Deutschland spielt in dieser Statistik überhaupt keine Rolle, denn selbst in gewitterreichen Jahren blitzt es hierzulande statistisch betrachtet nur alle 30 Sekunden einmal. Während die Blitzstatistik für das nördliche Mitteleuropa auf den Messungen erdgebundener Sensoren beruht, haben Rachel Albrecht von der Universität von São Paulo in Brasilien und ihre Kollegen für ihre Untersuchungen der tropischen Gewitter einen von Satelliten aufgenommenen Datensatz ausgewertet.
Die Blitzhochburgen in Afrika und Asien im Vergleich
Dazu benutzten sie eine 16 Jahre umfassende Messreihe, die von einem Blitzsensor auf dem amerikanischen Satelliten „Tropical Rainfall Measuring Mission“ aufgezeichnet wurde. Dieser Satellit wurde im Jahre 1997 gestartet und überflog dann mit einer Bahnneigung von 38 Grad in einer niedrigen Erdumlaufbahn alle tropischen und subtropischen Gebiete der Erde. Dabei stellte sich heraus, dass Blitze und Gewitter keineswegs gleichmäßig über die warmen Regionen der Erde verteilt sind. Am meisten blitzt es in Gegenden, in denen Feuchtgebiete oder Binnenseen an hohe Bergzüge grenzen.
Wie die Wissenschaftler um Frau Albrecht nun im „Bulletin“ der Amerikanischen Meteorologischen Gesellschaft schreiben, hält Afrika von allen Kontinenten den Blitzrekord. Von den 500 Orten mit der höchsten Häufigkeit elektrischer Entladungen liegen allein 283 in Afrika. Vor allem im Kahuzi-Biéga-Nationalpark in Kongo blitzt es häufiger als anderswo auf diesem Kontinent. Dort steigt feuchtwarme Luft aus dem Regenwald des Kongobeckens die Berghänge an der Westseite der Mitumba-Berge hinauf. Die Südseite des Himalaja in Indien und Pakistan ist die Blitzhochburg in Asien. Aber auch in Küstenregionen, wo feuchte Luft vom Meer auf das Land weht, können viele Gewitter entstehen. Zu diesen Zonen gehört die Meerenge von Malakka in Indonesien und einige Regionen in Malaysia.
Rekordhalter - der Norden Venezuela
Den absoluten Blitzweltrekord hält aber noch immer die Gegend um den Maracaibo-See im Nordwesten Venezuelas. Dieser mehr als 13.000 Quadratkilometer große See liegt zwischen den beiden nördlichsten Ausläufern der Anden und steht über eine schmale Meerenge mit dem Golf von Venezuela und damit mit der Karibik in Verbindung. Wegen seiner im Durchschnitt mit 30 Grad hohen Wassertemperatur verdunstet dort tagsüber eine große Menge an Wasser. Nachts kühlen die den See umgebenden Berghänge schneller ab als die warme Luft über dem See. Dieser Temperaturgegensatz fördert die Wolkenbildung und lässt extrem hohe Quellbewölkung entstehen.
Starke Gewitter mit entsprechend intensiven elektrischen Entladungen sind die Folge. Nach den Aufzeichnungen des Satelliten kommt es über jedem Quadratkilometer des Sees im Durchschnitt zu mehr als 233 Blitzen im Jahr, wobei sich die meisten Gewitter in den Nachtstunden des Spätsommers ereignen. Gelegentlich wurden dort sogar bis zu 65 Blitze pro Quadratkilometer und Nacht gemessen. Blitzeinschläge in der Gegend führen immer wieder zu Verlusten unter den ausgedehnten Rinderherden, die in dem flachen Uferbereich des Sees grasen. Gelegentlich schlagen die Blitze auch in Ölfördereinrichtungen ein und setzen sie in Brand. Unter dem flachen See befinden sich nämlich große Lagerstätten an Kohlenwasserstoffen, aus denen die staatliche venezolanische Ölgesellschaft Öl und Gas fördert.
Obwohl diese detaillierten Zahlen zu den Gewittern am Maracaibo-See bisher nicht bekannt waren, wussten schon die Kapitäne der spanische Kolonialmacht vor einigen hundert Jahren die vielen Gewitter in der Gegend zu nutzen. Für sie waren die „Blitze von Catatumbo“ in der Nacht wie Leuchttürme, die den Seefahrern den Weg in die Hafenstadt Maracaibo wiesen.
Tags: