Hier müffelt es ja immer noch!

  07 Februar 2017    Gelesen: 1116
Hier müffelt es ja immer noch!
An Düfte gewöhnt sich die menschliche Nase schnell. An Gestank in vielen Fällen leider nicht. Riechforscher finden immer wieder Verblüffendes heraus.
Unsere Nase ist kein besonders zuverlässiges Organ. Gerade Parfümeure können davon ein Lied singen. Stets müssen sie damit rechnen, dass der für ihre Profession wichtigste Sinn sie plötzlich im Stich lässt, weil er nach dem kurzen Schnuppern an einem bestimmten Duft seinen Dienst einstellt. Erst nach Stunden, manchmal nach Tagen melden sich die Riechzellen zurück. Andere Aromen werden weiter ganz normal wahrgenommen.

Was für die Profis als Fluch gilt, ist für den Rest der Menschheit ein Segen. Über eine Billion unterschiedliche Düfte, so haben Wissenschaftler einmal ausgerechnet, kann der Homo sapiens unterscheiden – und die Welt ist voll davon. Um nicht in diesen vielen Eindrücken zu ertrinken, blendet unsere Nase nach einer gewissen Zeit den Bratengeruch in der Küche oder den Rauch in der Kneipe aus. Unser olfaktorischer Sinn adaptiert sich, wie es der Fachmann nennt.

Nach drei Minuten sind die meisten Gerüche ausgeblendet

All das passiert mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit, berichten Wissenschaftler um Thomas Hummel von der Universität Dresden in einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Scientific reports“. Sie setzten 51 Studenten eine Atemmaske auf und leiteten ihnen über ein sogenanntes Olfaktometer drei Dutzend unterschiedliche Geruchsproben in die Nase. Über den Druck auf eine Art Spritze meldeten die Probanden den Wissenschaftlern zurück, wie intensiv sie die jeweilige Substanz rochen. Bereits nach zwanzig Sekunden pressten die Studenten immer schwächer auf ihre Spritzen, der Gewöhnungsprozess hatte begonnen. Nach drei Minuten waren für sie viele Gerüche fast ganz verschwunden.

Andere Geruchsnoten erwiesen sich in dem Dresdner Experiment jedoch als erstaunlich hartnäckig und schwächten sich nur wenig ab – ein auch für die Autoren überraschendes Ergebnis. Bisher, sagt Thomas Hummel, sei man davon ausgegangen, dass vor allem die Variabilität eines Dufts darüber entscheidet, inwieweit sich ein Mensch an ihn gewöhnt. Unser Gehirn interessiert sich vor allem für neue Einflüsse. „Ein Geruch, der über längere Zeit unverändert bleibt“, so der Mediziner und Pharmakologe, „wird deshalb meist ausgeblendet.“

Entscheidend ist, ob wir den Duft mögen
Doch Hummels Studie bestätigt nun, was frühere Untersuchungen bereits angedeutet hatten: Der Gewöhnungsprozess ist deutlich komplizierter. Denn neben der Konstanz entscheiden noch weitere Faktoren darüber, ob wir irgendwann unser eigenes Eau de Toilette nicht mehr riechen können: Die chemische Struktur und die physikalischen Eigenschaften eines Stoffes, seine Konzentration in der Luft – und vor allem die Frage, ob wir ihn mögen. „Es sind vor allem die besonders unangenehmen Düfte, an die wir uns besonders schlecht gewöhnen“, sagt Thomas Hummel.

Auf welchen Geruch diese Eigenschaft zutrifft, ist individuell zunächst einmal sehr verschieden. Manche Forscher glauben sogar, dass allein die gesellschaftlichen Normen, die Erfahrung und die Erziehung darüber bestimmen, ob wir einen Duft mögen oder nicht. Das soll unter anderem erklären, dass manche sogar dem Geruch von Fäkalien etwas abgewinnen können. Andere wunderten sich allerdings stets, warum gerade der Mensch von angeborenen Vorlieben ausgenommen sein soll. Labormäuse zum Beispiel, die noch nie in ihrem Leben eine Katze zu Gesicht bekommen haben, fürchten trotzdem den Geruch ihres Urins. Inzwischen weiß man, dass der Mensch olfaktorisch wahrscheinlich doch nicht ganz unbedarft auf die Welt kommt. Dem Neurobiologen Noam Sobel vom israelischen Weizmann-Institut gelang es, allein anhand der Struktur von Duftmolekülen vorherzusagen, ob seine Versuchspersonen sie riechen mögen oder nicht. Das galt auch über Kulturgrenzen hinweg.


Tags:


Newsticker